VISION 20003/2001
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Menschen aus aller Welt: Jung, dynamisch, katholisch

Artikel drucken In Gaming wächst Freude am Glauben beim Studium (Johannes Maria Schwarz)

Viele stehen in den nächsten Monaten vor der Frage: Was soll ich studieren? Schwer zu entscheiden bei dem unüberschaubaren Angebot. Wer sich für Theologie und Fragen der Familie interessiert, wer wirklich studieren will für den könnte Gaming ein heißer Tip sein.

Gaming, irgendwo östlich von New York, westlich von Moskau, nördlich von Rom - sehr viel mehr, gestehe ich, habe ich über die Marktgemeinde im südlichen Niederösterreich bis vor wenigen Jahren nicht gewußt.

Dort, in der Kartause Maria Thron, studieren Studenten aus aller Welt am Internationalen Theologischen Institut - gleichsam ein bißchen New York, Moskau und Rom zwischen den Bergen der östlichen Voralpen.

Im folgenden möchte ich meine Eindrücke und Erfahrungen schildern und in Worten ein kleines Bild dieses Ortes malen. Es ist nur ein Bild, ein persönliches. Für das Orginal: Go Gaming!

An dieser noch jungen Universität, die Päpstliche Grade verleiht, studiere ich nun seit vier Jahren Theologie. Dieser Aussage: “Ich studiere Theologie" ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Und doch werde ich Gesagtes nun etwas ausführen, nicht nur der Artikellänge wegen, sondern auch, weil man leider heute zwar vielerorts Theologie studieren kann, dabei aber, wie ich denke, nicht Theologie studiert.

Genau das ist es jedoch, was meine Zeit in Gaming und mein weiteres Leben entscheidend geprägt hat und prägen wird.

Ich “studiere". Studieren, so lernte ich hier, besteht nicht in Skripten, die man am Semesterende auswendig lernt und wohl wenig später wieder vergißt, sondern in der intensiven Beschäftigung mit den Fragen und Dingen selbst. Die Schwierigkeit mancher dieser Fragen erfordert gute Professoren, und die besten Professoren habe ich hier gefunden: die großen Heiligen und Kirchenlehrer. Denn das Studium ist nicht so sehr eine Reihe von Vorlesungen sondern besteht aus Quellstudium.

Die Autoren der Texte, die wir lesen, sind die eigenlich Lehrenden. Das Gelesene wird dann zur weiteren Klärung in der Folge im Seminar diskutiert.

Eine wichtige Erfahrung war für mich, daß eine solche Diskussion nicht von kreativen Meinungen lebt, die man sich selbst ausdenkt und an denen man trotzig festhält, sondern vielmehr, indem man versucht, durch die Heiligen der Kirche, im Heiligen Geist die Offenbarung des Vaters durch den Sohn, den Lehrer der Lehrer, zu verstehen.

Diese Methode ist daher auf den Dreifaltigen Gott selbst ausgerichtet. Man redet nicht nur über Gott sondern notwendigerweise auch mit Gott. Herz und Hirn dürfen und können nicht getrennt werden. Diese Methode ist auch “kirchlich" in dem Sinn, daß durch die Kirche in ihren Heiligen der Zugang zu Gott gesucht wird. Das bringt mit sich - und dies schätze ich besonders an diesem Ort -, daß man hier die Kirche und ihre Lehre nicht verlacht oder sich gegen sie stellt. Die Kirche ist unsere Mutter, die uns, im Heiligen Geist durch ihre Heiligen unterweisen und zum Licht, das Christus selber ist, führen will.

Auf diese Weise studieren zu dürfen ist eine Gnade, die meinen Lebensweg entscheidend gestaltet hat.

Theologie: Die Lehre von Gott. Dies erschöpft sich nicht im Reden über Gott, sondern erfordert ein Reden mit Gott. Theologie auf den Knien ist die Grundlage einer jeden Theologie die sich nicht in leeren Formeln erschöpft, sondern aus der Fülle des Heiligen Geistes, dem Beistand, der uns in die Wahrheit führt. (Jn 16,13).

Diese Art der Theologie habe ich hier gefunden. Die Kapelle ist nicht eine weitere Räumlichkeit im großen Gebäudekomplex, sondern gleichsam Zentrum. Die größte Gefahr für das Studium der Theologie ist wohl, wenn man diese Dimension als unakademisch ausklammert und versucht, diese Bereiche klinisch zu trennen. Der Tod des Menschen ist die Trennung von Körper und Seele. Der Tod der Theologie ist die Trennung von Vernunft und Glaube.

Das Leben des Glaubens und der Sakramente ist somit wesentlicher Bestandteil des Studiums. Dieses Leben, das intellektuelle sowie das Glaubensleben, werden in alle Bereiche hinausgetragen.

Wenn die Studenten in der Kartause zusammenleben, ist das nicht nur eine Unterkunft sondern Gemeinschaft: jung, dynamisch, katholisch. Menschen aus aller Welt, Familien und Singles, Laien und Priester leben und studieren gemeinsam. Weltkirche unter einem Dach.

Dieses Leben kann ich nur versuchen zu skizzieren:

Ein kurzer Aufruf - und in einem Zimmer wird das Dogma der Transsubstantiation erklärt und diskutiert.

Zwanzig igloo-bauende Studenten werden kurz vor Mitternacht irgendwann im Jänner im Hof der Kartause gesichtet.

Eine kurze entsprechende Notiz auf der Pinwand, und eine halbe Stunde später sind alle Studenten in der Kapelle versammelt und beten für die Frau eines Studenten, die gerade ein Kind zur Welt bringt.

Eine Gruppe von Studenten aus aller Welt pausiert um zwei Uhr morgens auf einem Parkplatz auf dem Weg nach Genf für einen Pro-Life und Familienkongreß.

So mancher würde staunen, daß sich die Kartausenkirche täglich mit jungen Menschen zu den Heiligen Messen füllt, Beichtzeiten der Priester ausgebucht sind und Christus rund um die Uhr im Allerheiligsten Sakrament des Altares angebetet wird.

Da betet ein Ukrainer neben einer Nicaraguarin Rosenkranz, die Griechisch-Katholischen singen mit den Römisch-Katholischen den Hymnos Akathistos. Ein Engländer singt das Nunc dimittis bei der lateinischen Komplet, eine Gruppe Amerikaner betet bei der Laudes vor.

Das ist doch nicht ganz normal, mag so mancher denken. Das ist es auch nicht. Das ist Gaming.

Johannes Maria Schwarz


Studienangebot

Das Internationale Theologische Institut für Studien zu Ehe und Familie bietet verschiedene Programme. Neben einem kurzen zweijährigen Programm gibt es ein fünfjähriges Studium der Theologie, in dem auch dem Thema der Familie besonderes Gewicht zukommt. Beide Programme sind aufgrund der Internationalität der Studenten überwiegend auf Englisch. Mit Herbst soll ein deutschsprachiges Institut Johannes Paul II. am ITI errichtet werden. An diesem kann man in zwei Jahren nach einem abgeschlossenen Magister ein Lizentiat erwerben. Auch hier ist die Ausrichtung auf Studien zu Ehe und Familie bestimmend, um im besonderen dem Auftrag des Heiligen Vaters zur Neuevangelisierung und der Errichtung einer Zivilisation der Liebe nachzukommen.

Info: Internationales Theologisches Institut, Kartause Maria Thron, A-3292 Gaming, Tel: +43 (7485) 97570, Fax: +43 (7485) 975704, e-mail:kartause@iti.ac.at

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