VISION 20003/2009
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Der Glaube hat uns durchgetragen

Artikel drucken Über Arbeit an der eigenen Ehe und Abenteuer mit den Kindern

Sie sind seit 16 Jahren verheiratet, haben drei Kinder und leben südlich von Wien: Martina und Christian Flachberger. Unlängst haben wir sie in ihrem gemütlichen Haus besucht und sie über ihre Erfahrungen befragt...

Welchen Stellenwert hat für Euch die Familie?

Christian: Einen sehr hohen...

Martina: ...den zweiten, nach der Ehe.

Interessant. Habt Ihr das von Anfang an so gesehen?

Martina: In der Theorie war mir das klar: zuerst die Ehe, dann die Kinder. Als die Kinder noch kleiner waren, fand Christian, daß ich den Kindern die erste Stelle eingeräumt hatte.

Christian: Eine gute Ehe lebt davon, daß man sich gut versteht. Gerade am Anfang der Ehe, wenn die Kinder kommen, fehlt oft die Zeit, an der Partnerschaft zu arbeiten. Da haben wir schon eine Zeitlang aneinander gelitten... Eine gute Ehe braucht nämlich Beziehungsarbeit, denn es gibt Konflikte, Enttäuschungen, Verletzungen... Das ist normal. Aber man muß einen Raum schaffen, in dem man all das bearbeiten kann. Dann können diese negativen Erfahrungen zu einem Wachstumsschritt führen und man wird ein starkes Team.

Was habt Ihr unternommen, um an Eurer Ehe zu arbeiten?

Christian: Eine Zeitlang haben wir versucht, einen Abend pro Woche füreinander zu haben - jede Woche ist es zwar nicht gelungen, aber alle 14 Tage haben wir es geschafft. Sobald die Kinder groß genug waren, haben wir sie den Großeltern anvertraut, um ein Wochenende für uns zu haben. Wir haben uns aber auch darum bemüht, uns besser in den anderen hineindenken zu lernen und besser kommunizieren zu lernen. Dazu haben wir Bücher gelesen, die uns geholfen haben. Wir haben also bewußt Zeit und Energie investiert, um Verständnis füreinander aufzubauen.

Hattest Du, Martina, auch den Eindruck, die Kinder seien in Deinem Leben zu dominant?

Martina: Zunächst nicht. Ich dachte immer: Ich versuche eh, nicht nur die Kinder zu sehen. Ich war da sehr zerrissen. spürte, Christian hat viel mehr Bedürfnis nach Zeit zu zweit, als ich ihm geben kann. Das war schon eine Krisenzeit, in der mir klar wurde: Wenn ich jetzt nicht bewußt einen Schritt auf ihn zu mache, wird es nicht besser werden. Also habe ich diesen Schritt auf meinen Mann zu gemacht.

Was hat Dich dazu bewogen?

Martina: Da waren meine Eltern im Spiel. Sie haben mitgekriegt, daß wir es nicht sehr lustig miteinander hatten. Und dann hat mir meine Mama gesagt: “Dabei kannst Du es nicht belassen, geh' auf Deinen Mann zu."

Gab es andere Hilfen aus Eurem Umfeld?

Martina: Wir sind sehr viel mit Büchern unterwegs, versuchen uns viel von anderen Ehepaaren abzuschauen...

Christian: Wir kommen zum Beispiel gerade von einem Seminar über gewaltfreie Kommunikation. Marshall Rosenberg hat Fertigkeiten entwickelt, die einem helfen, Konfliktsituationen zu klären, ohne den anderen zu verletzen. Solche Fertigkeiten sind sehr bereichernd für uns. Das tun sie langfristig aber nur, wenn die richtige Haltung dahintersteht: daß man seinen Partner gerne beschenkt, gerne für ihn da ist, gerne den ersten Schritt setzt. Bleibt die Frage offen: Wie kann man diese Haltung gewinnen? Und da entdeckt man: Ich brauche eine Quelle außerhalb der Partnerschaft, aus der ich schöpfe, um meinen Partner beschenken zu können, jemanden, bei dem ich Heilung, Vergebung finde, wo ich Liebeskraft tanken kann. Und das ist Gott...

Hatte der Glaube in Eurer Ehe von Anfang an Bedeutung?

Martina: Wir waren beide gläubig, als wir uns verliebt und geheiratet haben. Ich habe Jesus als den lebendigen Gott in der Zeit meiner Firmvorbereitung entdeckt, also mit 15 Jahren. Wir haben uns in den Gruppen der Jüngergemeinschaft der Kalasantiner in Wien kennengelernt und sind dort jahrelang im Glauben gewachsen. Daher war für mich der Schritt in die Ehe eine Berufung. Nach einer zerbrochenen Beziehung, habe ich Gott damals gesagt: “Es tut sehr weh, Du mußt es rasch gutmachen, damit ich schnell für den Mann frei bin, den ich heiraten soll. Ich bin doch schon so alt!"

In welchem hohen Alter hat sich die Tragödie abgespielt?

Martina: Mit 22. In dieser Zeit sind meine Augen dann für Christian aufgegangen.

Christian: Ich habe das nicht ganz so bewußt als Berufung wahrgenommen. Allerdings konnte ich mir nie vorstellen, allein zu bleiben. Gut, daß es dann so geworden ist...

Inwieweit hat Euch der Glaube dann geholfen?

Martina: Daß wir noch verheiratet sind, ist nur der Tatsache zu verdanken, daß ich wußte: Jesus ist da, Er hilft mir, das durchzutragen. Ich sagte Ihm: “Jesus, Du hast das mit uns begonnen, Du schaffst das, es auch wieder hinzubiegen - und zum Blühen zu bringen."

Christian: Mir ist es in diesen Situationen auch nicht anders gegangen. Und das stimmt, was Martina sagt: Da trägt der Glaube durch. Dazusagen möchte ich aber: Wir würden hier nicht so frei über Probleme sprechen, wenn wir nicht schon sehr lange eine glückliche Ehe erlebten. Derzeit können wir uns gar nicht vorstellen, miteinander wieder unglücklich werden zu können.

Nun zu den Kindern. Hast Du, Martina, ihnen Deine ganze Zeit gewidmet?

Martina: Großteils. Ich bin Physiotherapeutin und arbeite freiberuflich, das kann ich sehr gut so dosieren, daß ich in meiner Familie nicht abgehe. Seit der Jüngste, Johannes, im Kindergarten ist, habe ich begonnen, meinen Beruf stundenweise wieder auszuüben. Fast noch mehr Zeitaufwand stellen aber ehrenamtliche Tätigkeiten in der Pfarre dar. Es war uns beiden immer wichtig, daß die Kinder von klein auf hauptsächlich zu Hause erzogen werden: nicht früher als notwendig in den Kindergarten oder länger als notwendig in der Schule sitzen müssen. Wir wollten unsere Kinder selbst erziehen. Meine anderen Tätigkeiten haben sich untergeordnet.

Hat Dir das Probleme bereitet?

Martina: Nein, wirklich nicht. Das habe ich gern gemacht. Ich habe meinen Beruf als Mutter sehr genossen, mich auch stets bemüht, mich da fortzubilden: durch Bücher, durch Austausch mit anderen Müttern.

Was ist das Schöne am Mutterberuf?

Martina: Daß man mithelfen darf, daß neues Leben wächst, daß da Menschen heranwachsen, die später standfeste, glückliche Erwachsene sein sollen. Da darf ich hautnah mitarbeiten! Das ist sehr schön. Wenn man dann sieht, was daraus wird - ist es noch schöner.

Wie ist es Dir als Vater gegangen?

Christian: Ich habe eine Zeit gebraucht, um mich in die Rolle hineinzufinden. Für mich ist es leichter geworden, meinen Platz auszufüllen, als die Kinder größer wurden, als man mit ihnen Dinge tun konnte, wie: Lernen, Dreirad zu fahren oder zu schwimmen oder schizufahren; als wir Pfeil und Bogen gebastelt haben, als es möglich wurde, die ersten Abenteuer mitzuerleben oder zu inszenieren. Da haben wir schon einiges Verrücktes gemacht: Mit Johannes habe ich eine Nacht unter freiem Himmel im Wald geschlafen, mit Hannah eine lange Wanderung durch die Nacht unternommen, wir haben als ganze Familie in einem Fluß geschnorchelt und dabei auch leichte Stromschnellen überwunden, haben eine Bergtour von Hütte zu Hütte gemacht... Da bringe ich mich mit sehr viel Freude ein. So haben wir gemeinsame Erlebnisse, die uns verbinden. Und es sind Gelegenheiten für viele, gute Gespräche.

Martina: Jetzt, da sie größer sind, ist uns sehr wichtig, ein “prima Klima" in der Familie zu haben. Die Kinder sollen nicht das Gefühl haben, daheim sei es nur fad und öd. Da gäbe es nur Gebote und Verbote. Da setzen wir einen Kontrapunkt, haben Spaß miteinander. Das können die Kinder dann den Freunden erzählen.

Christian: Familie soll ein Ort der Lebensfreude sein. Wir bemühen uns, nicht nur für uns Erwachsene attraktive Dinge zu tun, sondern schöne Erlebnisse für uns alle zu schaffen. Wir spielen öfters miteinander, haben Spiele gefunden, bei denen alle gerne mitmachen (derzeit z.B. Bauernschnapsen). Im Vorjahr haben wir eine “Familienexpedition zur Erforschung von Unterwasserviecherln"durchgeführt. Wir waren in einem ganz einfachen Hotel auf der Sinai-Halbinsel untergebracht und viel mit Schnorcheln und Unterwasserkamera im Roten Meer unterwegs, hatten Literatur mit, um die entdeckten Lebewesen in den Korallenriffen zuzuordnen. Daheim haben wir eine tolle Powerpoint-Präsentation zusammengestellt. Alle haben daran mitgearbeitet. So haben die Kinder zusätzlich noch gelernt, den Computer einzusetzen.

Wieviel Zeit steht Dir, Christian, für die Kinder zur Verfügung?

Christian: Da gab es sehr unterschiedliche Phasen im Beruf: solche, in denen ich sehr eingesetzt war. Da hatte ich daheim nicht mehr viel Energie, um das Chaos, das kleine Kinder erzeugen, emotional zu bewältigen. In der Zwischenzeit ist es mir gelungen, einen Schritt zu setzen, durch den ich mehr Zeit für die Familie habe. Derzeit komme ich mit 40 - 45 Wochenstunden im Beruf aus. Dieser Schritt hat mir Zeit und Freiheit gebracht, aber er war nicht einfach: weniger Image, kein großes Büro mehr, keine eigene Sekretärin... Aber es war ein guter Schritt, viele sagen: “Man sieht Dir an, daß Du jetzt glücklich bist, ich beneide Dich..."

Martina: Es war ein großer Gewinn für uns als Paar und für uns als Familie. Christian hat mehr Zeit, mehr Nerven. Er ist freier.

Christian: Ein Beruf, der sehr fordert - da bleibt nur wenig Kraft, um sich in die Familie einzubringen. Auch sie ist ja fordernd. Wenn man heimkommt, trifft man ja nicht auf eine erholte Ehefrau, sondern auf jemanden, der eigentlich Unterstützung braucht beim Bewältigen eines anstrengenden, chaotischen Alltags. Deshalb muß man mit Kraftreserven heimkehren. Nur so kann man sich einbringen.

Stimmt es, daß Eure Eltern eine wichtige Rolle spielen?

Martina: Es ist unheimlich viel wert, wenn Großeltern eine gute Beziehung zu den Kindern haben wollen und deshalb verfügbar sind. Wir haben das Glück, daß unserer beiden Eltern solche Großeltern sind. Sie sind immer gern mit den Kindern zusammen gewesen, haben sie gerne übernommen. So konnten wir einen Abend, einen Tag, ein Wochenende, einmal sogar 10 Tage (!) nur für uns zwei verbringen. Ein großes Danke an dieser Stelle!

Christian: Wir sind mit Eltern gesegnet, denen wir die Kinder gerne anvertrauen, weil wir wissen: Sie sind dort gut aufgehoben. Nicht jedes Paar hat das Glück und die Großeltern sind der Aufgabe gewachsen

Martina: Ich möchte deshalb alle Paare ermutigen, da kreativ zu sein und Paare in ähnlicher Situation zu suchen, um einander die Kinder gegenseitig abzunehmen.

Christian: Wir haben recht oft Gastkinder bei uns - auch über Nacht oder für ein ganzes Wochenende. Das ist normalerweise überhaupt keine Belastung: Die Kinder sind beschäftigt mit Freunden, mit denen sie sich vertragen. Das läuft recht rund. Statt drei sind es halt fünf Kinder.

Wie handhabt Ihr den Umgang mit Medien:

Christian: Das ist ein permanentes Konfliktthema. Unsere Aufgabe ist es, dem Medienkonsum ein vernünftiges Maß zu geben und die Kinder zu schützen.

Martina: Die Regeln versuchen wir, Christian und ich, gemeinsam zu entwickeln, um sie dann mit den Kindern zu besprechen und mit mit ihnen gemeinsam zu fixieren. Meine Aufgabe ist es dann an die Vereinbarung zu erinnern.

Christian: Wenn es darum geht, Grenzen zu setzen, eine unpopuläre neue Regel einzuführen, kann ich mich stark einbringen. Im Alltag kann ich Martina die Unterstützung nicht geben, aber ich kann die Aufgabe des Ausdiskutierens und des Prellbocks übernehmen.

Sagt etwas zum Thema Freude an den Kindern.

Martina: Schön ist es, zu sehen, daß jedes Kind einzigartig ist. Herauszufinden: Wo sind die besonderen Talente, was kannst du besonders gut? Und das zur Entfaltung zu bringen, ist eine wunderbare Aufgabe.

Christian: Für mich ist es eine Freude, wenn sie mich begrüßen, umarmen, mir ihre Zuneigung ausdrücken. Wir haben viel Spaß miteinander. Die Buben mögen gerne ein bißchen Catcherei: Wenn Sie mir dann sagen: “Papa, ich bin so stolz auf Dich" und mir auf den Rücken klopfen, daß ich fast die Lunge aushuste, ist das für mich ein sehr positives Feedback. Ich genieße es, zu sehen, wie sie heranwachsen und selbständiger werden. Dann gibt es viele kleine, bereichernde Erlebnisse. Oder: Mit den Kindern selbst wieder Kind zu werden und Dinge zu tun, die man als Erwachsener unter Erwachsenen nicht machen würde: Im Wald spielen, einen Staudamm zu bauen, Papierschifferln den Bach hinunterzuschicken... Diese Freuden habe ich mit den Kindern neu entdeckt.

Und der Glaube?

Martina: Es war uns von Anfang an wichtig, daß die Kinder Gott als den allerbesten Papa kennenlernen. Wenn sie klein sind, kann man das in der Familie abdecken. Dann aber kommen sie in ein Alter, wo es gut ist, wenn sie neben dem Elternhaus eine Schiene haben, wo sie Jesus erleben können, den Glauben Gleichaltriger und junger Erwachsener mitbekommen. Für uns waren da die Kisi-Kids ein großes Geschenk. Es ist wichtig, die Weichen zu stellen, solange man es noch kann. Es ist wichtig, daß die Kinder Kontakt zu Kindern aus gläubigen Familien bekommen. Sie müssen erleben: Nicht nur Mama und Papa sind gläubig, sondern da gibt es noch viele andere.

Das Gespräch führten A+CG

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