VISION 20003/2014
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Man muss es einfach annehmen, wie es kommt

Artikel drucken Dankbarkeit verändert den Alltag

 

Eine Sammlung von Alltagswundern, 44 wahre Geschichten, stellt Diakon Christoph Mittermair in seinem lesenswerten Buch Das blaue Sofa vor. Es sind durchwegs kurze Episoden, eine abwechs­lungs­reiche Folge von erlebten Begebenheiten, die zeigen, dass die wirksame Gegenwart Gottes auf unterschiedlichste Weise  im Alltag erfahren werden kann.

Dazu der Autor: „So ist es beinahe unglaublich, was mir die Menschen in den vergangenen 30 Jahren von ihren Erfahrungen und Erlebnissen ,zwischen Himmel und Erde’ erzählt haben.Doch habe ich sie als glaubwürdige Zeugen kennengelernt. Und ich kann sie alle als ,normal“
einschätzen.

 

 


 

Im Folgenden drei Zeugnisse, die durchaus Denkanstöße zum Thema Dankbarkeit bieten


Die weiße Schwester
Vor der Rückreise von einer Wallfahrt hatten wir eine junge Ordensschwester kennengelernt. Sie hatte uns gebeten, sie in unserem Reisebus nach Graz mitzunehmen. Von da würde sie dann ihre Weiterfahrt mit der Bahn arrangieren. Alle waren gut gelaunt. Wir hatten schöne Tage erlebt und unser Herz war noch übervoll von den vielen besonderen Erlebnissen. Und wir kamen auf der Autobahn gut voran.
Es war um die Mittagszeit. Wir hatten uns entschlossen, während der Fahrt guten Kaffee zu trinken. Die Kaffeemaschine arbeitete deshalb auf Hochtouren. Die Gesichter einander zugewandt, die Kaffeebecher in den Händen, schlürfte die kleine Gruppe der Genießer das goldbraune Kultgetränk. Plötzlich bremste der Busfahrer scharf. Es war unabwendbar: Der Kaffee in den Händen der jungen Schwester verließ den Becher und ergoss sich farbenprächtig über ihre schneeweiße Kutte.
Kurze, betretene Stille.
„Danke, Herr,“ sagte die Ordensfrau laut und für alle deutlich hörbar. – „Ist das Ihr Ernst?“, fragte ich sie überrascht. Sie musste nicht nachdenken und meinte: „Den Willen Gottes annehmen, wenn es auch nervt, das ist himmlisch und erlösend.“ Und als sie meinen ungläubigen Blick sah, fügte sie hinzu: „Man muss es nur annehmen, wie es kommt!“
Niemand wusste darauf etwas zu sagen. Und als sie in Graz den Bus verließ, wandte sie sich kurz um und winkte. Und selbst der große braune Fleck auf ihrer weißen Kutte schien zu lächeln.
„Man muss es nur annehmen, wie es kommt“, erinnere ich mich bis heute. Und das hat mir über so manche Hindernisse des Lebens hinweggeholfen.
Christoph Mittermair

Dankbar für Gottes Begleitung
Wir wurden beide durch das Studium nach Graz geführt und lernten einander vor zehn Jahren bei einem Abendlob der Gemeinschaft Emmanuel kennen. Allmählich entwickelte sich eine Freundschaft und wir verlobten uns schon nach wenigen Monaten, wohl zur Überraschung unserer Eltern und Freunde.
Unser jugendlicher Überschwang und die gemeinsame Basis, die wir in unserem Glauben fanden, ließen uns sehr optimistisch in eine gemeinsame Zukunft blicken. Und wir sahen keinen Grund, warum wir länger mit der Hochzeit warten sollten. So heirateten wir ein Jahr später. Die Ehe, in der wir nun schon seit sieben Jahren leben, ist für uns ein großes Geschenk. Wir durften viel Schönes miteinander erleben und lernen immer mehr, einander eine gute Stütze zu sein.
Nach etwa einem Ehejahr wuchs in uns der Wunsch nach einem Kind. Doch die Monate und Jahre verstrichen, ohne dass sich Nachwuchs ankündigte. Das Warten wurde uns immer mehr zur Last. In unserem Freundeskreis schienen die Babys so „daherzupurzeln“. Nur uns schien Gott übersehen zu haben. Natürlich suchten wir inzwischen auch ärztlichen Rat. Aus medizinischer Sicht fand sich aber keine nennenswerte Ursache, die unseren Wunsch nach einem Kind ausgeschlossen hätte. Dennoch sollte unsere Geduld noch sehr lange auf die Probe gestellt werden.
Vor zwei Jahren dann die ersehnte erste Schwangerschaft. Aber leider dauerte sie nur zwölf Wochen. Es folgte eine sehr schmerzliche Zeit, weil drei Kinder auf diese Weise so früh starben.
Wir wissen nicht, wie viele Gebete von uns und von Bekannten und Freunden, die um unser Anliegen wussten, zum Himmel geschickt wurden. Es müssen auf jeden Fall sehr viele gewesen sein. Immer wieder gaben uns liebe Menschen die Zusage, für uns zu beten. Ein großer Dank gilt ihnen allen.
Schließlich wurden unsere Bitten erhört! Wieder zeigte sich, dass ein Baby unterwegs war. Wieder gab es aber verschiedene Probleme in der Schwangerschaft. Aber seit Juni 2009 sind wir stolze Eltern eines wunderbaren Sohnes.
Es dauerte einige Zeit, bis wir begreifen konnten, welch großes Geschenk uns da gegeben wurde. Immerhin hatten wir mit dem Gedanken, eigene Kinder zu bekommen schon fast abgeschlossen. Wir danken Gott für seine große Liebe zu uns und dafür, dass er uns durch die langen und schmerzhaften Jahre des Wartens begleitet hat und unsere Hoffnung wach hielt - und natürlich dafür, dass wir nun eine glückliche kleine Familie sein dürfen.
Lisi und Jürgen

Es gibt nichts
Wichtigeres
Ernst ist in Pension, nicht aber als Christ. Er besucht jeden Tag am Morgen die heilige Messe. Und er ist täglich eine gute Zeit lang in der Kapelle zur Eucharistischen Anbetung. Heute ist nebenan in der großen Kirche ein Begräbnis. Auch der Mesner versieht dort seinen Dienst.
Zur gleichen Zeit kniet Ernst vor dem Allerheiligsten und erinnert sich, dass bald jene Stunde beginnen würde, für die der Mesner sich in eine Liste eingetragen hatte, um hier bei Jesus zu sein. „Er wird heute nicht kommen, denn er ist ja auch noch zum Totenmahl eingeladen", denkt Ernst bei sich. Und großzügig beschließt er: „Ich werde an seiner Stelle noch eine Stunde bei Jesus bleiben!"
Etwas später öffnet sich die Tür und der Mesner tritt herein. „Bist du nicht beim Totenmahl?“, fragt ihn Ernst. „Das Schnitzel wartet doch schon auf dich!“ „Es gibt Wichtigeres als zum Totenmahl zu gehen,“ entgegnet dieser. „Da wäre doch dann niemand hier beim Herrn!“ „Es gibt nichts Wichtigeres,“ wiederholt Ernst, dankbar für diese Begegnung. Und dann verlässt er leise die Kapelle. Als er mir am nächsten Tag von dieser Begebenheit erzählt, ist er noch immer tief ergriffen.
Christoph Mittermair

Aus: Das blaue Sofa – 44 wahre Alltagswunder. Von Christoph Mittermair. Micha Verlag, 124 Seiten, 13,90 Euro.

 

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