VISION 20003/2020
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Eine Einladung innezuhalten

Artikel drucken FamilyHomes: ein Projekt, das Raum für Begegnung eröffnet (Martin Ploderer)

Wenn Melanie Oetting „FamilyHomes“ vorstellt, dann spricht sie von ihrer „Vision“, so wie andere Leute von einem Projekt oder einer Initiative sprechen würden. Irgendwie ist es daher logisch, dass diese auch in Vision2000 vorgestellt wird.

Nach einem unerwarteten und schmerzhaften Ereignis, das ihr Leben auf den Kopf stellte – ihre Ehe, die vier Kindern das Leben geschenkt hatte, zerbrach – galt es, sich neu zu positionieren und gewissermaßen vom Schicksal nicht unterkriegen zu lassen. Es war ein Bruch, der in ihrer Lebensplanung jedenfalls nicht vorgesehen war. Sie erinnerte sich daran, dass Gott auch aus den schmerzhaftesten Situationen und Verwicklungen Gutes machen kann. Aber sie wusste auch – den ersten Schritt musste sie selber setzen.
„Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“, weiß der Volksmund, und diese Weisheit galt es zu beherzigen. In einer Welt, die gerne jede Katastrophe, jeden Rückschlag zum Anlass nimmt, dies als Beweis dafür zu nehmen, dass es keinen Gott gebe, jedenfalls keinen gütigen und allmächtigen Gott, bedarf es einer großen Glaubenskraft, um diese scheinbare Logik umzukehren und sich gegen all die guten Ratschläge und Zweifel durchzusetzen, die einem entgegenschlagen, wenn man eine mehr als unorthodoxe Idee in die Tat umsetzen möchte.
Hand auf’s Herz: können Sie sich vorstellen, Ihr Haus einfach so für fremde Menschen zu öffnen? Na ja, natürlich gibt es da schon verschiedene Modelle, zum Beispiel „bed & breakfast“ oder die modernere Variante „Airbnb“, bei denen jedoch der – durchaus legitime – finanzielle Aspekt eine gewisse Rolle spielt.
Bei FamilyHomes aber geht es um mehr. Melanie Oetting möchte mit ihrer Idee, oder eben ihrer „Vision“ wie sie sagt, dem Zeitgeist etwas entgegensetzen und ihr Haus für Menschen öffnen, deren Alltag es ihnen oft nicht erlaubt, innezuhalten und zu sich selbst zu finden, damit sie in einer Atmosphäre der Ruhe, Stille und des Gebets Gott begegnen:
„Ich hatte anfänglich keine Idee, wie dies konkret aussehen sollte. Das einzige was ich tat: ich hielt an diesem kleinen Samen fest und begann, in Stille dafür zu beten. Schritt für Schritt konkretisierte Gott Seine Vision durch das Gebet.
Immer mehr erkannte ich den Plan Gottes. Es kostete mich unglaubliche Überwindung, diese Schritte zu setzen und wie Petrus auf dem Wasser zu gehen. Fremden Menschen in meinem Haus Herberge zu bieten, war für mich persönlich dabei keine große Schwierigkeit. Ich selbst wusste, diesen Auftrag habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Ich hatte mehr mit der Reaktion der Menschen aus meinem Umfeld zu kämpfen, die diese Offenheit als unverantwortlich, gefährlich und unpassend beurteilten.“
Die Gäste werden eingeladen, am Familienleben teilzuhaben. Es gibt ein einfaches Gästezimmer und einen Gebetsraum, in den man sich so lange, wie man möchte, in Ruhe und Stille zum Gebet zurückziehen kann. Schon die Sorgfalt, mit der Gästezimmer und Gebetsraum vorbereitet und eingerichtet sind, wo Ordnung und Schönheit herrschen, signalisieren dem Gast: er ist willkommen und die Seele dankt es der Gastgeberin. Der für dieses Angebot zu entrichtende Obolus darf nach Selbsteinschätzung kalkuliert werden.
Es ist mehr als Erholung, es ist eine Begegnung mit Gott, zuweilen vielleicht sogar eine echte Entdeckung. Melanie Oetting im O-Ton: „Ich darf Teil haben an der Veränderung, ja an Heilung von Menschenherzen. Dies erlebe ich als eine tiefe Erfüllung. Bei der Anmeldung suchen die Gäste primär die Stille. Die Stille bewirkt bei den Gästen meist ziemlich rasch die Sehnsucht nach Gespräch. Viele öffnen sich, und es entstehen wunderbare Begegnungen, gemeinsames Gebet, manches Mal sogar eine Art Freundschaft. Bleiben die Gäste ungefähr eine Woche im Haus, kann ich eine positive optische Veränderung an ihnen wahrnehmen. Sie sind entspannter, in sich ruhender und im Glauben gestärkt.“ Mit dieser Erfahrung kehren sie dann in ihren Alltag zurück, wo sie noch lange davon zehren.
Das erste FamilyHome steht etwas außerhalb von München, ein zweites in Wiesbaden, weitere Familien – auch in Österreich – haben ihr Interesse bekundet und sind bereit, sich der Initiative anzuschließen. Die Homepage gibt es mittlerweile auch auf Englisch und Französisch, nicht nur um Gäste aus dem Ausland anzusprechen, sondern auch, weil sich die Vision entsprechend ausbreiten und neue Häuser auch in anderssprachigen Ländern gewinnen will.
Jedes Haus bietet ein besonderes „Talent“ an, das mit den Gästen geteilt wird: sei es ein künstlerisches, wie zum Beispiel Musik, bildende Kunst, Literatur, oder auch einfach Lebensfreude, Familienleben, Zuhören und, und… So können diese auf ihre Sehnsüchte und Neigungen hören und jeweils jene Häuser besuchen, die diesen entsprechen. Dadurch wird deutlich: das Konzept von FamilyHomes bricht mit der Anonymität, der Virtualität der Begegnung, dem Egoismus von Besitz und dem Vertrauensverlust, die unsere heutige Zeit kennzeichnen. Hier wird nicht mittels online-Medien kommuniziert, sondern ganz real mit Menschen aus Fleisch und Blut. Dieser Ansatz hat heutzutage schon fast wieder etwas Revolutionäres. Was auf den ersten Blick wie ein „Zurück in die Vergangenheit“ wirken mag, ist in Wirklichkeit eine wunderschöne Aussicht in die Zukunft. Eine Vision eben…

Näheres siehe:
www.familyhomes.services
http://oettingmelanie.blogspot.com

 

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