VISION 20003/2002
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Nicht immer rechtfertigen

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Erwartungen und Bedürfnisse anderer - oder vermutete Erwartungen und Bedürfnisse anderer - können einen ständigen Druck erzeugen, der zusätzlichen Streß verursacht. Das Gefühl, nie den Anforderungen zu genügen, nimmt Spontaneität und Freude.

Eine Familie berichtet von einem Anruf eines Bekannten aus der Pfarre: “Du kennst Dich doch mit Bäumen aus. Wir sollten unbedingt am Samstag beim Pfarrzentrum die Bäume schneiden." Auf die abschlägige Antwort, daß er schon etwas vorhat, wird er gefragt, was er denn zu tun hat.

Und jetzt entsteht das Problem: Er hatte seinen kleinen Kindern versprochen, mit ihnen etwas zu unternehmen, nachdem sie die letzten Wochen sehr wenig vom Papa hatten. Wenn er aber diesen Grund angibt, beginnt die Diskussion, ob die Hilfe des Fachmanns beim Bäumeschneiden oder das Unternehmen mit den Kindern wichtiger ist, und er befindet sich in einer unnötigen Rechtfertigungsposition. Nun beginnt er Gründe zu suchen, die der andere vielleicht akzeptieren wird, um seine Absage plausibel zu machen...

Was kann er tun? Er muß dem Bekannten nicht sagen, was er vorhat und so eine Abwägung der beiden Bedürfnisse ermöglichen. Er kann schlicht sagen: “Ich finde es super, daß du dich so einsetzt, aber an diesem Samstag geht es wirklich nicht. Ein anderes Mal gern." Auf weiteres Nachfragen bleibt er einfach dabei, das Engagement des anderen anzuerkennen und in Ruhe ohne weitere Begründung seine Absage festzuhalten. So vermeidet er Streit, Rechtfertigungsdruck oder Notlügen, um aus einer Klemme zu kommen.

P. Werner M. Kuller

Auszug aus “Familie als Berufung" 2/01

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