VISION 20003/2004
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Seid Zeugen für Christus!

Artikel drucken An uns Europäer

In verschiedenen Teilen Europas bedarf es einer Erstverkündigung des Evangeliums; die Zahl der Nichtgetauften nimmt zu (...) Auch im “alten" Kontinent gibt es breite soziale und kulturelle Schichten, in denen eine regelrechte Mission ad gentes notwendig wird.

Überall aber ist - auch für die bereits Getauften - eine erneute Verkündigung nötig. Viele europäische Zeitgenossen meinen zu wissen, was das Christentum ist, kennen es jedoch nicht wirklich. Häufig sind sogar die wesentlichen Elemente und Grundbegriffe des Glaubens nicht mehr bekannt. Viele Getaufte leben so, als ob Christus nicht existierte: Man wiederholt, insbesondere durch die kirchlichen Bräuche, die Gesten und Zeichen des Glaubens, aber es entspricht ihnen keine tatsächliche Annahme des Glaubensinhalts und kein Festhalten an der Person Jesu.

An die Stelle der großen Gewißheiten des Glaubens ist bei vielen ein vages und wenig verbindliches religiöses Gefühl getreten. Es verbreiten sich verschiedene Formen von Agnostizismus und praktischem Atheismus, die zur Verschärfung der Kluft zwischen Glaube und Leben beitragen. Viele haben sich vom Geist eines innerweltlichen Humanismus anstecken lassen, der ihren Glauben geschwächt und sie leider oft dazu geführt hat, ihn ganz aufzugeben.

Wir erleben eine Art säkularistischer Auslegung des christlichen Glaubens, die ihn aushöhlt und mit der eine tiefe Krise des Gewissens und der christlichen Moralpraxis einhergeht. Die großen Werte, die die europäische Kultur weitreichend inspiriert haben, sind vom Evangelium abgetrennt worden und haben so ihr tiefstes Wesen verloren und Raum gelassen für nicht wenige Verirrungen.

“Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?" (Lk 18, 8). Wird er ihn auf dieser Erde unseres Europas alter christlicher Tradition noch finden? Das ist eine offene Frage, die mit aller Klarheit auf die Tiefgründigkeit und Dramatik einer der ernstesten Herausforderungen hinweist, mit denen sich unsere Kirchen auseinandersetzen müssen. Man kann sagen, daß diese Herausforderung oft nicht so sehr darin besteht, die Neubekehrten zu taufen, sondern die Getauften dahin zu bringen, sich zu Christus und seinem Evangelium zu bekehren: In unseren Gemeinden muß man sich ernsthaft darum bemühen, das Evangelium der Hoffnung allen zu bringen, die dem Glauben fernstehen oder sich von der christlichen Praxis entfernt haben.

Um das Evangelium der Hoffnung verkündigen zu können, ist eine feste Treue zum Evangelium selbst notwendig. Die Verkündigung der Kirche in allen ihren Formen muß daher immer mehr die Person Jesu in den Mittelpunkt stellen und sie muß immer mehr auf Ihn hinlenken. Es gilt darüber zu wachen, daß er in seiner Ganzheit vorgestellt wird: nicht nur als sittliches Vorbild, sondern vor allem als der Sohn Gottes, der einzige und notwendige Retter aller, der in seiner Kirche lebt und wirkt

(...) Der heutige Mensch “hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind" . Entscheidend sind daher das Vorhandensein und die Zeichen von Heiligkeit: Sie ist die wesentliche Vorbedingung für eine authentische Evangelisierung, die wieder Hoffnung zu geben vermag. Es muß starke, persönliche und gemeinschaftliche Zeugnisse für ein neues Leben in Christus geben.

“Ecclesia in Europa" (45-49)

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