VISION 20006/2007
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Eine neue Situation

Artikel drucken Vor welcher Herausforderung steht der Wähler?

Vor welcher Herausforderung steht der Wähler? Das ethische Grundkonzept, das hinter einer politischen Perspektive steht, zu erkennen und zu würdigen. Die Politik ist nicht einfach nur eine Technik; sie ist ein Handeln, das ein bestimmtes Gut anvisiert. Bestimmte Themen stehen in enger Beziehung zu Prinzipien und moralischen Gegebenheiten. Andererseits ist das Gemeinwohl kein im voraus klar festgelegtes, geoffenbartes, von einer Denkschule her abgeleitetes Gebilde. Es ist stets neu zu gestalten. So gesehen ist Politik eine Kunst: eine Gesellschaft zu bauen, die ein Gut anvisiert.

Bleibt die grundlegende Frage: Worin besteht das Gute, nach dem man strebt, wo ist es zu finden? Läßt man diese Frage außer Acht, landet man in einem Pragmatismus, der jeden Kompromiß möglich macht. In dieser Hinsicht sind wir in eine ganz neue Ära eingetreten - und das will uns das Lehramt der Kirche begreiflich machen.

Wir stehen am Ende einer Entwicklung, die schon lange währt: Die politische Ordnung löst sich von der Moral . Wir lassen das Christentum als Zivilisation hinter uns zurück. Daß die moralischen Vorstellungen des Lehrers denen des Pfarrers ähnelten, ist passé. Das Christentum prägt heute das moralische Verhalten nicht mehr. Diesem neuen Umstand muß man Rechnung tragen.

Ich stelle fest, daß in unserer Gesellschaft unterschiedliche Stimmen laut werden, die eine gemeinsame Moral einmahnen. Man kann da nicht einfach nur in friedlicher Koexistenz leben. Die Christen müssen hervorkehren, daß diese Gemeinsamkeit auf der Basis des Naturrechts möglich ist. Hier geht es um das Überleben der politischen Gemeinschaft.

François Daguet OP

Der Autor ist Direktor des “Institut Saint-Thomas-d'Aquin" in Toulouse, sein Beitrag ein Auszug aus einem Interview in “Famille Chrétienne" v. 21.-27.4.07

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