VISION 20001/2016
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Ihr müsst euren Glauben bezeugen!

Artikel drucken Erfahrungen einer Missionarin aus dem Niger über den Umgang mit Muslimen

 

Seit neun Jahren wirkt M. Marie-Catherine unter Musli­men  im Ni­ger. Zu zweit waren sie aufgebrochen. Heute ist ihre Gemeinschaft auf 18 Mitglieder angewachsen. Im folgenden Gespräch be­richtet sie über ihre Erfahrungen im Umgang mit Muslimen und ermutigt uns europäische Christen, uns gerade auch im Umgang mit Muslimen zu unserem Glauben zu bekennen.

Kann man mit dem Islam Dialog führen?
Mutter Marie-Catherine: Wenn ich an meine Erfahrungen im Niger und im Senegal denke, müsste man eher von einem „Dialog des Lebens“ sprechen. Wir  bemühen uns, in Harmonie und Brüderlichkeit miteinander zu leben. Über theologische Fragen, über Dogmen zu sprechen, ist meiner Erfahrung nach sehr schwierig. Denn für den Muslim ist der Koran das Wort Gottes, das vom Himmel gesprochen worden ist. Und an ihm dürfe man nicht rühren. Über Koran-Texte gibt es für Muslime keine Diskussion. Was jedoch möglich ist: Voreinander Respekt zu haben und solidarisch zu sein.

Bemühst Du Dich also eher, durch Dein Leben zu bezeugen, was Gott für Dich bedeutet und der Glaube an Ihn bewirkt – und nicht so sehr durch Worte?
M. Marie-Catherine: Ja. Wenn man mir allerdings Fragen stellt, dann gebe ich Antwort. Wenn mich also ein Muslim beispielsweise nach der Dreifaltigkeit fragt oder etwas über die Sinnhaftigkeit der Monogamie wissen will, dann sage ich schon klar und deutlich, was die Kirche diesbezüglich lehrt. Auf Fragen nach meinem Glauben gebe ich also eindeutige Antworten. Hält man mir aber vor, warum ich nie von Mohammed rede, wo doch Jesus, Isa, im Koran ein großer Prophet ist, dann sage ich schon: Im Neuen Testament ist von Mohammed keine Rede, also kann ich auch nicht von jemandem reden, den ich nicht kenne.

Interessant ist auch, was Du über Deine ersten Kontakte mit den Muslimen im Niger erzählt hast…
M. Marie-Catherine: Bei meinen ersten Gesprächen in den Dörfern, um die wir uns bemühen, habe ich die Frauen gefragt: „Was können wir für euch tun?“ Ihre Antwort: „Sagt uns, was unsere Rechte und unsere Verpflichtungen sind!“ Es ist ihnen nicht zuerst um materielle Hilfe gegangen. Vielmehr wollten sie von ihren Männern respektiert werden.

Reicht das aber, um Mission unter Muslimen zu betreiben?
M. Marie-Catherine: Mit der Zeit haben unsere Aktivitäten das Interesse der Menschen an unserem geistigen Hintergrund geweckt. Und so sind wir im Vorjahr in einem Dorf gewesen, einem besonders armen. Die Frauen und der Chef des Dorfes waren bei unserem Treffen anwesend. Und ich habe sie wieder einmal gefragt, was wir für sie tun könnten. Und da gab eine der Frauen zur Antwort, sie wollten etwas über unser Buch hören, also über die Bibel belehrt werden. Und dann haben wir ein Programm entwickelt, um den Frauen, die Interesse hatten, die Heilige Schrift nahezubringen. Leider sind uns dann die Ereignisse vom Jänner 2015  dazwischen gekommen, das Attentat auf Charly Hebdo. Dieses Geschehen hat Übergriffe gegen Christen in unserem Land ausgelöst. Und daher haben wir unser Bibel-Programm verschieben müssen. Denn die Empörung über die Verspottung Mohammeds durch Charly Hebdo hat dazu geführt, dass ganz normale Muslime, mit denen man sonst ausgekommen ist, angefangen haben, bei uns christliche Häuser, Spitäler, Kirchen anzugreifen und anzuzünden…

Ist damit die Chance verpasst?
M. Marie-Catherine: Nein, wir spüren nach wie vor ein großes Interesse bei den Menschen in den Dörfern. Sie sind uns gegenüber sehr offen, haben großen Respekt vor uns und dem, was wir für sie tun. Was mich auch bestärkt: Immer, wenn wir die Leute zusammenrufen, sind die Imame und die Dorfältesten dabei. Sie hören uns zu und sind bereit, mit uns zusammenzuarbeiten. Oft kommen sie sogar von weit her, manche zu Fuß.

Worauf führst Du das zurück?
M. Marie-Catherine: Auf die Wertschätzung. Sie sagen es uns ja sogar: „Eure Religion ist gut!“ Immer wieder sagen sie uns das. Und: „Ihr habt ein Herz für uns.“ Für uns ist das wichtig. Wir wollen ja für Jesus Christus unter ihnen wirken. Ihn wollen wir bezeugen, Ihn wollen wir nachahmen: in dem, was Er gesagt und getan hat. Daher beten wir auch jeden Tag, bevor wir an unsere Arbeit gehen, bekreuzigen uns – und das durchaus vor den Augen der Muslime.

Inwiefern beeinflusst die Lage in Europa euren Dienst?
M. Marie-Catherine: Mich hat die Reaktion der Medien betroffen gemacht, als das Bild vom toten Flüchtlingskind am Strand um die Welt gegangen ist. Dieses Bild hat weltweit die Gemüter bewegt und Solidarität mobilisiert. Wenn ich aber daran denke, wie viele Kinder wegen Krankheiten, vor allem aber wegen Hunger – auch in unseren Dörfern – sterben, das berührt kaum jemanden. Und jetzt steht alles im Banne der Flüchtlingsbewegung, was dazu führt, dass all das, was hier bei uns in Afrika geschieht, in den Hintergrund rückt. Da frage ich mich schon: Wo bleibt das Unterscheidungsvermögen? Die Europäer müss­ten sich fragen: Wem wollen wir helfen, wen aufnehmen? Hier in Afrika wird das, was die Europäer tun, wie sie leben, zum Teil sehr kritisch betrachtet: ihr aufwändiger Lebensstil, die Homo-„Ehe“, die sexuelle Freizügigkeit… Und viele Migranten, die ihr aufnehmt,  haben diesen kritischen Blick auf Euch.

Wie sollten denn die Christen in Europa also deiner Meinung reagieren?
M. Marie-Catherine: Sie sollen Zeugnis für Christus geben. Wer sich darum bemüht, der versucht, wie Er zu leben: zu lieben, zu vergeben, offen für den anderen zu sein… Ich sage euch: Europa muss seinen christlichen Glauben bezeugen, muss seinen Glauben konkret im Leben umsetzen! Fürchtet euch doch nicht, zu zeigen, dass ihr Christen seid! Wenn ihr mit den Muslimen zusammenleben wollt, müsst ihr damit beginnen, ernsthaft nach eurem Glauben zu leben. Europa muss endlich aufwachen!

Ist ein solches Zusammenleben möglich?
M. -Catherine: Ja, aber da bedarf es bei allen Beteiligten eines Mentalitätswandels. Als Christen dürft ihr euch nicht den Forderungen und den Empfindsamkeiten der Muslime unterwerfen, also zum Beispiel in den Schulen religiöse Symbole beseitigen. Muslime sind nicht grundsätzlich gegen christliche Symbole. Ich denke an den Senegal. Es ist ein islamisch dominiertes Land, in dem die Menschen aber keineswegs schockiert sind, wenn sie in christlichen Einrichtungen mit entsprechenden Symbolen konfrontiert werden. Auch in unseren Einrichtungen gibt es Kreuze. Ich wiederhole: Es geht darum, seinen Glauben zu bezeugen.

Das Gespräch hat Alexa Gaspari geführt.

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