VISION 20004/2005
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Der heilige Richard Pampuri

Artikel drucken Botschaft an uns (Von Wolfram Schrems)

Der einfache Holzsarg, in dem Frater Richard beigesetzt zu werden gewünscht hatte, wurde von den Jugendlichen der Katholischen Aktion von Torrino bis zum Friedhof von Trivolzio getragen. Nach Auskunft eines Augenzeugen war die Spitze des Trauerzuges schon längst in dem über vier Kilometer entfernten Trivolzio angekommen, als der Sarg immer noch in Torrino stand. ... Unter den Trauernden befanden sich ... zahlreiche Ärzte, Ordensleute und Priester, die Freunde der Katholischen Aktion und natürlich beinahe die gesamte Bevölkerung von Morimondo und Torrino."

Wer ist dieser Arzt und Ordensmann, dessen Begräbnis eine vorweggenommene Heiligsprechung war - und welche Botschaft hat er für uns?

Richard Pampuri wird als Erminio Filippo am 2.8.1897 in Trivolzio, einem Dorf zwischen Mailand und Pavia, geboren. Seine Mutter stirbt, bevor er drei Jahre alt ist. Darauf wird er den unverheirateten Geschwistern seiner Mutter in Torrino zur Erziehung übergeben. In der Grundschule und später am Gymnasium in Pavia erweist er sich als fleißiger und angenehmer Schüler. Anschließend beginnt er das Studium der Medizin in Pavia.

Noch währenddessen wird er zum Sanitätsdienst in die Armee eingezogen, nachdem Italien 1915 Österreich-Ungarn und Deutschland den Krieg erklärt hat. Im Lazarett macht er prägende Erfahrungen. Unter den Kameraden betätigt er sich als Verteidiger und Verkünder des Glaubens - und als Vorbild in Eigeninitiative:

Nach einem überstürzten Rückzug wird ein großer Posten Medikamente und Verbandsmaterial im Feld zurückgelassen. Als verantwortungsbewußter Sanitäter weiß Erminio, daß damit Menschenleben gerettet werden könnten. Er entfernt sich somit von der Truppe, organisiert einen Karren, spannt eine weidende Kuh davor und erreicht nach einem 24stündigen Marsch im Unwetter seine Einheit.

Diese Leistung trägt ihm nicht nur militärische Auszeichnungen ein, sondern auch eine schwere Rippenfellentzündung. Diese sollte noch Folgen haben.

Erminio wird nach der Entlassung aus der Armee in einer katholischen Studentenverbindung und in einer Vinzenzgemeinschaft für Bedürftige aktiv. Im März 1921 tritt er in den Dritten Orden des Hl. Franziskus ein. Nach seiner Promotion (mit Auszeichnung) im Juli tritt er eine Stelle als Landarzt in Morimondo an.

Über das übliche Maß hinaus kümmert er sich aufopferungsvoll um die Kranken. Er besucht sie auf ihren abgelegenen Höfen und ist auch nicht ungehalten, wenn er feststellen muß, daß er wegen einer Lappalie aus dem Schlaf gerissen worden ist. Wenn sich seine Patienten die Medikamente nicht leisten können, bezahlt er sie oft aus eigener Tasche.

Erminio arbeitet in der Pfarre mit, beim Pfarrblatt, als Mesner, in der Jugendarbeit, im Kampf gegen Liberalismus und Faschismus (letzterer eine Ausgeburt des ersteren). Alle diese Dinge ist man von einem Arzt normalerweise nicht gewöhnt. Richard erregt damit großes Aufsehen. Für ihn sind es aber selbstverständliche Konsequenzen seines Glaubens.

Seiner Schwester Maria, die als Sr. Longina in Kairo tätig ist, schreibt er: “Bete, damit weder Stolz noch Egoismus oder sonst eine schlechte Neigung mich daran hindern, in meinen Patienten stets den leidenden Christus zu sehen. Ihn pflegen und trösten ... dieser Gedanke läßt mich meinen Beruf erst so richtig schätzen."

Während dieser ganzen Zeit als Landarzt stellt er sich die Frage nach dem Willen Gottes für sein Leben. Das Ordensleben zieht ihn an. Die andere Lebensoption schlägt er aus: Als ihm über eine Vermittlerin eine zarte Herzensoffenbarung eines Mädchens überbracht wird, antwortet er: “Ich kann Ihren sicher gut gemeinten und ehrenwerten Antrag nicht annehmen, weil ich mich nicht zum Ehestand berufen fühle. ... Das Fräulein, deren Sache Sie vertreten, soll sich meine Antwort nicht zu Herzen nehmen. Sicher wird ihr der Herr, sollte er sie zum Ehestand berufen, einen würdigeren und besseren Bräutigam auszusuchen wissen als mich."

Schließlich wendet er sich auf Anraten seines geistlichen Begleiters Don Riccardo Beretta an den Hospitalorden des Heiligen Johannes von Gott (bei uns als “Barmherzige Brüder" bekannt). Trotz gesundheitlicher Bedenken wird Erminio, dessen guter Ruf schon weit verbreitet ist, 1927 zugelassen und nimmt in Verbundenheit mit seinem Seelenführer den Ordensnamen Richard an. Als Novize verrichtet er die niedrigsten Dienste.

Immer wieder wird er jedoch vom Besen weggeholt und von den diensthabenden Ärzten in schwierigen Fällen um Rat gefragt. Nach der Profeß wird er mit der Leitung der Zahnambulanz und mit dem Unterricht der jungen Mitbrüder betraut.

Im Frühjahr 1929 machen sich die Folgen der Rippenfellentzündung in Form eines Blutsturzes und einer Tuberkulose dramatisch bemerkbar. Richard ahnt, daß sein Leben bald zu Ende geht. Noch zwei Jahre zuvor hat er an seinen Neffen geschrieben: “Betrachte Deine Krankheit also als ein Opfer, das du für Dich und Deine Mitmenschen bringst."

In dieser Ergebenheit bereitet er sich selbst auf den Hinübergang vor. Am 1. Mai 1930 gibt er seine Seele seinem Schöpfer zurück.

Das Volk hat noch zu Lebzeiten in ihm den Heiligen erkannt und bekundet das auch, wie schon gesagt, durch seine starke Anwesenheit am Begräbnis. Schließlich wird er von Papst Johannes Paul II. am 1.11.1989 heiliggesprochen.

Worin besteht nun seine Botschaft an uns? Zunächst im Offenkundigsten: “Das Höchste steht nicht ohne das Niedrigste." Auch Richard hat niedrig begonnen: Gebet, Fasten, Sakramente, geistliche Begleitung, Werke der Nächstenliebe, Bekenntnis zu Glauben und Kirche, Ringen um die Erkenntnis des Willens Gottes. Er hat das Nächstliegende getan. Er hat aber auch nach dem Höchsten gestrebt. Wer das nicht tut, wird dann nicht nur das Kleine nicht tun sondern schließlich gar nichts mehr.

Sodann: Die Erfüllung des Lebens hängt nicht von der Anzahl der Lebensjahre ab. Dreiunddreißig erfüllte Jahre sind besser als neunzig sinnlose.

Drittens: Richard wußte, daß der Dienst am Kranken ein Dienst am Herrn ist. Schon die Grundsätze eines moralisch hochstehenden heidnischen Arztes wie Hippokrates sind vorbildlich.

Aber erst mit der Offenbarung wird die übernatürliche, geistgewirkte Liebe geschenkt und hier kommt auch die volle Tragweite des Dienstes am Kranken zum Vorschein. Das erst hat ärztlichen und pflegerischen Dienst im großen Maßstab in der Menschheitsgeschichte begründen und motivieren können. Diese Motivation muß gepflegt werden. Andernfalls entartet die Medizin - früher oder später.

Viel guter Wille ist heute unter denen da, die als Ärzte oder Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger wirken oder sich verdienstvollerweise in einer entsprechenden Ausbildung abmühen. Doch dieser Wille muß gefestigt werden, damit er sich im alltäglichen medizinischen Betrieb nicht verflüchtigt.

Es gibt zweifellos gerade auf diesem Gebiet verborgene Heilige. Wir können hoffen, daß es noch mehr werden, die wie der Hl. Richard Pampuri in ihrem Dienst christliche Maßstäbe setzen und andere mitreißen. Nehmen wir uns an ihm ein Beispiel und vertrauen wir uns seiner Fürsprache an.

Nach: Ein Arzt wählt Gott - Der Heilige Frater Richard Pampuri aus dem Orden der Barmherzigen Brüder. Ein Lebensbild. Von Nikolaus Mutschlechner. Johann von Gott Verlag, München, 1998. Mit Dank an das Provinzialat O. H., Wien.

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