VISION 20002/2007
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Die Kirche - meine Freude

Artikel drucken Den Blick dorthin richten, wo Kirche am leuchtendsten ist

Die Kirche - ein großes Geheimnis, von dem uns das meiste verborgen bleibt und dessen Schönheit wir im Alltag nur allzu leicht übersehen. Im folgenden kurze Auszüge aus dem Buch Die Kirche - meine Freude, die einige Aspekte dieses Geheimnisses beleuchten.

Die Kirche setzt sich aus drei “Zonen", drei “Räumen" oder eher noch drei verschiedenen und sich ergänzenden “Ständen" (so wie man auch von Lebensständen spricht) zusammen:

1. Die pilgernde Kirche auf der Erde, die in der Zeit unterwegs ist.

2. Die Kirche in Erwartung der Herrlichkeit, was man das Purgatorium (Fegefeuer) nennt.

3. Die Kirche im Vaterhaus, im Himmel.

Anders gesagt:

1. Die Kirche, die auf der Erde kämpft und streitet: die streitende Kirche.

2. Die Kirche, die im Purgatorium leidet und sich reinigt: die leidende Kirche

3. Die Kirche, die herrlich und siegreich regiert: die triumphierende Kirche.

Oder liturgisch gesehen:

1. Die pfingstliche Kirche, die ohne Unterlaß unter dem Wehen des Geistes lebt.

2. Die adventliche Kirche, die in der brennenden Erwartung der Herrlichkeit lebt.

3. Die Kirche des ewigen Ostern, im andauernden Zustand der Auferstehung.

Oder theologisch gesehen:

1. Die Kirche des Glaubens, die im erleuchteten Dunkel der Nacht unterwegs ist.

2. Die Kirche der Hoffnung, die den Sonnenaufgang Gottes erhofft und ersehnt.

3. Die Kirche der Liebe, wo nur die Liebe eintreten und verbleiben kann.

Zwischen diesen drei Daseinsformen ist der Kreislauf der Liebe, also des Lebens, unaufhörlich. Zwischen ihnen gibt es keine Grenze, keine Barriere, keinen Zwischenraum, kein Niemandsland. Nur Lichtschleier.

*

Zu sagen: “Jesus? Ja, super! Seine Kirche? Damit will ich nichts zu tun haben!" - das ist wider die göttliche und menschliche Natur Christi. Nichts tut Jesus mehr weh. Denn wozu wäre er sonst auf die Erde gekommen? Nur für eine Urlaubsreise? Allein gekommen und allein wieder abgereist? Nein, Er hebt eine große Menge mit sich empor zu Seinem Vater.

Er ist gekommen, um sich eine Familie zu schaffen, um Seinem Vater Kinder zu schenken, die Er zu Seinen Brüdern und Schwestern gemacht hat. Eine Trennung zwischen Ihm und Seiner Kirche herzustellen heißt, Sein ganzes Werk zum Scheitern zu bringen, Sein Blut unfruchtbar, Sein Kommen unter uns vergeblich zu machen. Kurzum, Seine Liebe zurückzuweisen.

*

Tatsächlich ist das Antlitz Jesu, das wir in Seiner Kirche sehen, jenes Gesicht, wie wir es auf dem Grabtuch von Turin sehen. Es ist noch nicht das verklärte Antlitz des Tabor, sondern das nahezu entstellte von Kalvaria. Ein von Blut und Speichel bedecktes Antlitz. Vom Blut, das die fließen lassen, die Ihn immer noch geißeln und kreuzigen. Aber auch bedeckt vom Speichel ihrer eigenen Glieder, wenn diese Seinem Evangelium untreu sind.

Dieses Antlitz trägt so sehr unsere Verletzungen, daß man Gott darin nicht mehr erkennen kann. Die Kirche trägt auf ihrem Antlitz die Spuren aller Sünden und Nöte der Menschheit... Und dennoch ist es das Antlitz Jesu. Glaubst du das?

Auch ich kann das Antlitz Jesu entstellen in Seiner Kirche oder aber sie durchsichtiger machen für dieses Gesicht. Die Grenzen der Kirche gehen mitten durch mein Herz. Ich kann wohl getauft sein, aus den Sakramenten leben, kann Priester oder Bischof sein, und dennoch gibt es einen Bereich des Herzens, der noch außerhalb ihres Lichts ist, der im Verborgenen bleibt, der nicht das Evangelium lebt, der noch heidnisch ist, der noch umkehren muß, der noch zu missionieren ist. Ich hoffe, daß mein Herz im Laufe meines Lebens mehr und mehr in der Kirche sein wird. Hoffe, daß diese Schattenzone mehr und mehr dem Licht Jesu weichen wird.

In den Augen jener, die nicht glauben, bin ich für das Antlitz Jesu in Seiner Kirche verantwortlich. Sie werden die Kirche nämlich nach dem beurteilen, was sie an mir sehen, nach meinen Handlungen, meinen Haltungen und Verhaltensweisen, nach meiner Art, das Evangelium zu leben.

*

Schau sie an, die Kirche. Vor allem dort, wo sie Jesus am ähnlichsten, wo sie am wunderbarsten ist, am treuesten und großzügigsten, kurz gesagt dort, wo ihre Schönheit am strahlendsten ist. Denn schon hier und jetzt strahlt sie vor Licht, wenn ihr Antlitz auch noch verschleiert und etwas faltig ist. (...)

Denk vor allem an den Bereich der Nächstenliebe. Überall dort, wo der Mensch verletzt ist, niederfällt oder erkrankt, steht die Kirche an vorderster Front. Sie ist da, um ihn zu pflegen, ihn wieder aufzurichten und ihn zu heilen. Einfach da, um ihn zu lieben. Wer schuf im Laufe der Jahrhunderte die ersten Waisenhäuser, Schulen, Leprastationen, Krankenhäuser, Ambulatorien, Entbindungsstationen und Sterbehäuser?

Wer schuf in unseren Tagen die ersten Einrichtungen für schwangere Frauen, für Haftentlassene, Aidskranke und jugendliche Straftäter? Fast immer und überall waren es Getaufte, Brüder und Schwestern Jesu. Lange bevor sie zum Teil vom Staat abgelöst wurden.

Ich sah die Kirche auf dem Antlitz jeder Krankenschwester und jedes Krankenpflegers, die ihr Land verließen, um sich (für ein, zwei Jahre oder ihr ganzes Leben) im hintersten Winkel der sibirischen Steppe, in der Sahara, den tropischen Wäldern oder den südostasiatischen Reisfeldern niederzulassen. Tag für Tag pflegen sie Lepra-, Krebs- oder Aidskranke, trösten sie weinende Kinder und retten sie von der Straße, ein Stäubchen Leben... Sie trösten trauernde Familien, umgeben die Waisen mit Zärtlichkeit. Helfen Sterbenden, friedlich ans andere Ufer zu gelangen. Ja, das Jahrbuch der göttlichen Liebe: Es hat Tausende Seiten. Mehr noch, sie sind unzählbar. Kurz gesagt: Die Kirche ist überall dort präsent, wo die Menschheit leidet. Überall, wo sie verletzt wird, ist die Kirche mitbetroffen. Überall, wo sie in Bedrängnis ist, schenkt die Kirche ihre Zärtlichkeit. Ihre? Nein, jene Gottes.

P. Daniel Ange

Aus: Die Kirche - meine Freude. Von P. Daniel-Ange. Medienverlag Christoph Hurnaus, Linz 2005, 179 Seiten, 11 Euro.

Diese und andere Bücher können bezogen werden bei: Christoph Hurnaus, Waltherstr. 21, 4020 Linz, Tel/Fax: 0732 788 117; Email: hurnaus@aon.at

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