VISION 20002/2007
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Die Welt braucht den Erlöser

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Ist noch ein “Erlöser" für den Menschen notwendig, der den Mond und den Mars erreicht hat und sich auf die Eroberung des Universums vorbereitet? Für den Menschen, der ohne Grenzen die Geheimnisse der Natur erforscht und sogar in der Lage ist, die wunderbaren Codes des menschlichen Genoms zu entschlüsseln?

Braucht noch einen Erlöser der Mensch, der die interaktive Kommunikation erfunden hat, der im virtuellen Raum des Internets surft und der dank der modernsten und fortgeschrittensten Technologien der Massenmedien aus der Erde, diesem großen gemeinsamen Haus, schon ein kleines globales Dorf gemacht hat? Dieser Mensch des 21. Jahrhunderts tritt als souveräner und sich selbst genügender Schöpfer des eigenen Schicksals auf, als begeisterter Macher unbestrittener Erfolge.

So scheint es, aber so ist es nicht. Immer noch sterben Menschen an Hunger und Durst, an Krankheit und aus Armut in dieser Zeit des Überflusses und des maßlosen Konsumismus. Immer noch gibt es Menschen, die versklavt, ausgebeutet und in ihrer Würde verletzt werden; immer noch gibt es Menschen, die aufgrund von Rasse und Religion Opfer des Hasses werden und die durch Intoleranz und Diskriminierung, durch politische Einmischung und physische oder moralische Zwänge am freien Bekenntnis ihres Glaubens gehindert werden.

Es gibt Menschen, die erleben müssen, wie sie selbst und ihre Lieben, insbesondere die Kinder, durch Waffen, durch Terrorismus und durch jede Art von Gewalt gemartert werden in einer Zeit, in der alle den Fortschritt, die Solidarität und den Frieden für alle Menschen fordern und verkünden. Und was (...) soll man tun, um denen zu helfen, die von leichtfertigen Glückspropheten getäuscht werden, die in brüchigen Beziehungen leben und nicht fähig sind, beständige Verantwortung für die eigene Gegenwart und die eigene Zukunft zu übernehmen, und so im Tunnel der Einsamkeit wandern und oft als Sklaven von Alkohol und Drogen enden? Was soll man von denen denken, die den Tod wählen in der Meinung, dabei dem Leben zu huldigen?

Wie könnte man überhören, daß eben aus dem Innersten dieser Menschheit, die sich freut und zugleich verzweifelt ist, ein qualvoller Hilfeschrei emporsteigt? (...) “Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt" (Joh 1, 14), verkündet der Evangelist Johannes. Heute, ja heute, kommt Christus erneut “in sein Eigentum", und denen, die ihn aufnehmen, gibt er “Macht, Kinder Gottes zu werden"; Er bietet also die Chance, die Herrlichkeit Gottes zu sehen und die Freude der Liebe zu teilen, die zu Bethlehem für uns Fleisch geworden ist. Heute, auch heute, “ist uns der Heiland geboren", denn er weiß, daß wir Ihn brauchen.

Trotz aller Formen des Fortschritts ist der Mensch doch das geblieben, was er immer war: eine Freiheit, die zwischen Gut und Böse, zwischen Leben und Tod hin- und hergerissen ist. Und genau da, in seinem Inneren, in dem, was die Bibel das “Herz" nennt, muß er immer “erlöst" werden. Und in der heutigen postmodernen Zeit hat er vielleicht noch mehr einen Erlöser nötig, denn die Gesellschaft, in der er lebt, ist vielschichtiger und die Bedrohungen für seine persönliche und moralische Unversehrtheit sind heimtückischer geworden.

Wer kann ihn da verteidigen, wenn nicht Er, der ihn so sehr liebt, daß Er am Kreuz Seinen eingeborenen Sohn als Erlöser der Welt hingegeben hat?

Botschaft beim Segen “Urbi et Orbi", am 25.12.2006

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