VISION 20006/2021
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Am besten bezeugte Person des Altertums

Artikel drucken Ãœber die geschichtliche Existenz Jesu

Wie die evangelischen Theologen Schlatter und Althaus feststellten, sind wir über keine Persönlichkeit des Altertums so gut unterrichtet wie über den historischen Jesus von Nazareth.


Heidnische Zeugnisse
Tacitus, der wichtigste römische Geschichtsschreiber, erzählt in den Anfang des 2. Jahrhunderts verfaßten Annalen vom Brande Roms (64 n.Chr.) und berichtet, dass Kaiser Nero den „Christen“ die Schuld daran zugeschoben habe: ,,Der Name leitet sich her von Christus, der unter der Regierung des Tiberius durch den Statthalter Pontius Pilatus hingerichtet worden ist. Der Aberglaube war damit für den Augenblick unterdrückt. Er brach aber wieder aus, nicht nur in Judäa, dem Ursprungsland dieses Übels, sondern sogar in Rom, wo alles Rohe und Schändliche aus der ganzen Welt zusammenfließt und Anhang findet.“
Tacitus war hoher Beamter gewesen, 97 n.Chr. sogar Konsul, so war er mit amtlichen Urkunden wohlvertraut. Und „schändlich“ musste für ihn ein solcher „Aberglaube“ schon deshalb sein, weil sein Urheber von römischen Instanzen hingerichtet worden war.
Sueton, der Biograph der römischen Kaiser des 1. Jahrhunderts, schreibt um 120 n.Chr. in seinem Werk Das Leben der Cäsaren, Kaiser Claudius (41-54) habe die Juden aus Rom vertreiben lassen, weil es unter ihnen „wegen eines gewissen Christus ständig Unruhen gebe“. Es sind die gleichen Unruhen, von denen in der Apostelgeschichte zu lesen ist.
Plinius der Jüngere schreibt im Jahr 111 n.Chr. als Statthalter von Bithynien an Kaiser Trajan einen Brief, in dem er anfragt, wie er gegen das Christentum, das bereits Massenbewegung geworden war, die Verfolgungsgesetze anwenden solle. Er berichtet von den Christen, dass sie „an einem bestimmten Tag sich in der Frühe versammeln, um einem gewissen Christus als einem Gotte Lieder zu singen“.
Justin, gestorben 165 n.Chr. als Märtyrer in Rom, verweist in einer Verteidigungsschrift des christlichen Glaubens ausdrücklich auf die Prozessakte Jesu, die er dem römischen Kaiser Antoninus Pius überreichen ließ.

Jüdische Zeugnisse
Von den Juden ist die Existenz Jesu niemals geleugnet worden, auch seine Wundertaten wurden nie bestritten, sondern als Teufelswerk dargestellt. ,,Am Richttag vor dem Passahfest“, so sagt z.B. der babylonische Talmud, ,,hat man Jesus von Nazareth gehängt, weil er gezaubert und verführt und Israel abspenstig gemacht hat“.
Der genannte Justin, geboren um 100 n.Chr. zu Sichem in Palästina, war mit den Verhältnissen in Palästina aufs genaueste vertraut. In seinem Dialog mit dem Juden Tryphon veröffentlicht er das Urteil, wie es sich die Juden seiner Zeit über Jesus gebildet hatten: ,,Jesus, der Galiläer, ist der Urheber einer gottlosen und gesetzlosen Sekte. Wir haben ihn gekreuzigt. Seine Jünger haben den Leichnam nachts aus dem Grabe gestohlen und verführen die Menschen, indem sie sagen, er sei von den Toten auferstanden und gen Himmel aufgefahren.“
Flavius Josephus, jüdischer Geschichtsschreiber, geb. um 40 n.Chr. in Jerusalem, hat die christliche Urgemeinde von Jerusalem gekannt und sich als Angehöriger des jüdischen Priesteradels kritisch mit der neuen Religion beschäftigt. Während des Jüdischen Aufstands von Vespasian gefangen, später aber begnadigt und freigelassen, lebte er, mit reichen Gütern beschenkt, in Rom seinen Studien.
In seinem 93/94 n.Chr. entstandenen Werk „Jüdische Altertümer" finden sich die beiden bedeutsamen Textstellen: ,,Zu dieser Zeit lebte Jesus, ein weiser Mann. Er tat wunderbare Werke. Viele Juden und Heiden zog er an sich. Und als ihn, auf Anklage unserer vornehmen Männer, Pilatus mit dem Kreuzestod bestraft hatte, ließen die nicht ab, die ihn früher geliebt hatten. [ ... ] Noch bis heute hat das Geschlecht derer nicht aufgehört, die nach ihm Christen genannt sind.“ Und: ,,Der Hohepriester Ananus versammelte den Hohen Rat zum Gericht und stellte vor denselben den Bruder des Jesus, der Christus genannt wird, den Jakobus, nebst noch einigen anderen und ließ sie zur Steinigung verurteilen.“ Gemeint ist hier der Apostel Jakobus der Jüngere, der auch in Gal 1,19 „Bruder des Herrn“ genannt wird. Er war erster Bischof von Jerusalem und wurde an Ostern 62 n.Chr. gesteinigt.
Bereits in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts pflegten die Rabbiner das christliche Evangelium als ,,Unheilsschrift“ oder „Sündenschrift“ zu verlästern, wodurch erwiesen ist, dass in dieser Zeit die Evangelien tatsächlich schon geschrieben waren und dass damit das Vorhandensein des Christentums und seines Begründers ihnen bekannt war.

Christliche Zeugnisse
An erster Stelle steht das Zeugnis des Paulus, der wenige Jahre nach dem Tode Jesu Christi hingerichtet wurde. Einige seiner Briefe sind bereits um das Jahr 50 n.Chr. geschrieben. Am eingehendsten unterrichten uns die vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes über Jesus, sein Leben und seine Lehre. Die drei älteren Evangelien sind vor der Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr.) entstanden, das Johannesevangelium gegen Ende des 1. Jahrhunderts. Ihre Verfasser sind zum Teil Augenzeugen (Matthäus, Johannes), zum Teil Schüler der Apostel (Markus, Lukas), die das öffentliche Leben ihrer Meister geteilt haben.

Aus: P. Andreas Steiner, ,,Liebe zur Wahrheit" Nr. 4, 2019

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