VISION 20001/2015
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Ein Licht, anziehender als alles

Artikel drucken Josef Atzmüller, Geschäftsmann und Missionar, der mit 16 für tot erklärt worden war (Von Alexa Gaspari)

Ausgerechnet auf der Fahrt zu meinem Gespräch mit Josef Atzmüller am schönen Attersee schneit es stark. Daher genießen wir das köstliche Mittagessen mit dem Ehepaar, zwei ihrer Töchter und einem Enkel in dem gemütlichen Haus umso mehr. In der Hauskapelle erzählt mir Atzmüller später aus seinem außergewöhnlichen Leben.
Als Ältester von fünf Geschwistern kommt er im Oktober 1948 im Elternhaus in Zeinig, im südlichen Waldviertel auf die Welt. Kaum sieben Tage alt, wird er sterbenskrank: Diphtherie. Mit der Kutsche bringen ihn die Eltern ins Krankenhaus. Auf der Fahrt dorthin wird er notgetauft. Bei der Ankunft im Krankenhaus meint die Mutter, das neugeborene Kind sei tot. Hatte der kleine Atzmüller schon damals ein Sterbeerlebnis?
Tatsache ist: Von klein auf hat der Bub große Sehnsucht nach Jesus, ohne dass seine Eltern besonders religiös gewesen wären. Er bettelt so lange, bis er mit fünf Jahren täglich in die Messe gehen darf. „Wegen der Begegnung mit Jesus, mit der Liebe,“ betont er. Und von Kindheit an möchte er Missionar werden. Dieser Wunsch wird, allerdings anders als gedacht, eines Tages in Erfüllung gehen. Und bei der Erstkommunion ist er so aufgeregt, dass er nicht stillsitzen kann, was ihm eine Ohrfeige des Pfarrers einträgt!
Seine Kindheit hat er unbeschwert und schön in Erinnerung. An ein Ereignis aber denkt er heute noch mit Schaudern: Mit 10 Jahren soll er in ein Gymnasium, das einem Kloster angeschlossen ist, eintreten. Der Abt schaut vorher bei den Eltern vorbei. Für den sensiblen Buben geht spürbar Eiseskälte von dem Mann aus. Vor lauter Angst kann er in der Nacht nicht schlafen. „Das war die schlimmste Nacht meines Lebens,“ erinnert er sich. „Ich habe mich gefragt, ob ich so viel Gottvertrauen habe, mit diesem Mann mitzugehen.“ Die Mutter erkennt seine Not und das Projekt wird fallengelassen. Die Kälte mancher Menschen ist ein fühlbares Problem für ihn. „Kälte,“ erklärt er mir, „spüre ich sofort. Mein Leben lang hatte ich meine Not damit.“
Weil sein Vater als Bautruppführer nur am Wochenende nach Hause kommt, ist er für die Mutter als Ältester eine wichtige Bezugsperson. Zwischen beiden herrscht ein inniges Verhältnis.
Die Volksschule besucht er in Heiligenblut, die Hauptschule in Pöggstall. Dann lernt er Elektrotechnik in der HTL in St. Pölten.
Er ist 16, es ist Freitag der 4. Dezember 1964 und er hat eine wichtige Schularbeit. So versucht er die auftretenden Bauchschmerzen zu ignorieren. Diese werden immer ärger, vergehen aber auch wieder mehr oder weniger. Jedenfalls kann er an diesem Tag nichts essen. Mit Bahn und Bus geht es am Samstag vom Studentenheim in St. Pölten nach Hause.
Die Mutter merkt sofort: Etwas stimmt nicht mit dem Buben, auch wenn dieser selbst es nicht benennen kann. Sicherheitshalber lässt ihn der konsultierte Hausarzt mit der Rettung ins 20 Kilometer entfernte Spital bringen. Der Primar, ein Chirurg, untersucht ihn und stellt nach kur­zem Schweigen vor dem Buben  fest: „Blinddarmdurchbruch, Bauchfellentzündung, keine Überlebenschance.“ Ein Schock! Hat der Arzt kein Einfühlungsvermögen? Die Mutter bleibt stumm, drückt nur ganz fest die Hand ihres Sohnes.
Der Chirurg – er hielt den Weltrekord im schnellen Blinddarm­operieren (man staunt, was es an Rekorden gibt – übrigens: unter 5 Minuten) – will ihn dennoch operieren. „Er hat gesagt, es gibt da ein Kunststoffnetz, mit dem man Gedärme stückeln kann. Das möchte er bei mir ausprobieren. Aber er hat noch einmal betont, ich hätte keine Überlebenschancen,“ erzählt mein, Gott sei Dank, sehr lebendiges Gegenüber.
Josef wird also operiert. Am nächsten Tag kommt eine Krankenschwester ins Zimmer und fragt ihn: „Lebt der Atzmüller noch?“ (Man kann wirklich nur über die Feinfühligkeit des Personals staunen, selbst wenn „der Atzmüller“ nur sein Nachbar gewesen wäre!) „Ich meinte daraufhin, ich sei der Atzmüller. Das war ihr dann doch etwas peinlich,“ erzählt er lächelnd. Im Laufe des Tages werfen laufend Ärzte einen Blick ins Zimmer. Der Patient wundert sich. Schließlich bekommt er mit: Niemand versteht, wieso er noch lebt. Man hatte ihn nämlich nicht operiert: „,In der Bauchhöhle war schon Brand’, hat mir ein Arzt gesagt (eitriges, abgestorbenes Gewebe). Da war mir klar, was das für mich bedeutet. Aber ich wollte nicht einfach im Bett liegen und darauf warten, dass ich sterbe. Eigentlich wollte ich aufstehen und etwas tun.“
Obwohl er Morphium bekommt, sind die Schmerzen bald so gewaltig, dass er immer wieder ohnmächtig wird. Wieso lebt er noch? Also nochmals operieren. Das Resultat ist das Gleiche. Am 19. Dezember kommen alle Verwandten, denn die Ärzte sind sicher: diesen Tag überlebt er nicht. „Ich kann mich gut an diesen Tag erinnern. Meine Mutter hat mich begrüßt, und ich habe mich gewundert, wieso mein Vater nur am Fußende stehen geblieben ist. Dann habe ich am Verhalten meiner Eltern gemerkt: Ich lag im Koma. Damals habe ich die Erfahrung gemacht, dass man selbst in diesem Zustand hören und sehen kann. Man braucht weder Augen noch Ohren, um das, was rund um einen geschieht, wahrnehmen zu können.“
Ein Priester kommt, um ihm  die Krankensalbung zu spenden. Wie gerne hätte der junge Josef nun gebeichtet. Auch wenn es ihm nicht gelingt, dem Priester seinen Wunsch verständlich zu machen, spürt er anschließend eine wunderbare Wirkung: „Mir war mein körperliches Leiden plötzlich völlig egal, es hatte keinerlei Bedeutung mehr.“ Eine große Ruhe bemächtigt sich seiner.
Leider müssen die Eltern  mit dem letzten Autobus wieder heimfahren. Der Sterbende wird in ein Einzelzimmer verlegt. Es folgt eine Phase der Sehnsucht nach Versöhnung mit allen Menschen, denen er unrecht getan hat. Aber auch denen, die ihn ungerecht behandelt hatten, hätte er gerne gesagt: „Es ist schon alles vergeben.“ Mit ungeahnter Sensibilität kann er spüren, wie es jetzt seiner Familie geht und das belastet ihn: Denn alle empfinden nur Schmerz und Trauer, keinerlei Hoffnung. Er ist doch nicht für immer verloren,  er geht doch jetzt zum Vater. Daran besteht für ihn ja kein Zweifel. Fast fühlt er sich durch diese Trauer irgendwie an die Erde gefesselt. Können denn Trauer und Freude nicht nebeneinander existieren?
Während jetzt das Versorgungssystem seines Körpers zusammenbricht, ist er im Tiefsten  ruhig, erwartungsvoll. Und dann verlässt er den Körper, sieht sich auf dem Bett liegen! Es ist eine „Kraft wie ein Wirbelsturm“, die seine Seele aus dem Körper „heraussaugt“. Für wie lange? Es können nur wenige Stunden gewesen sein – und doch scheinen für ihn in der Rückschau, Wochen, Monate oder Jahre vergangen zu sein.
Was er da erlebt? „Zunächst war das eigentlich für mich die Apokalypse. Das ganze Universum bricht da zusammen. Ich war völlig verlassen, in einer totalen, unbeschreibbaren Finsternis. Kein Ton. Als würde nichts existieren außer mir.“ „Nicht angenehm,“ werfe ich beunruhigt ein. „Ja, aber ich hatte keine Angst. Eher Neugierde: Was passiert da?“ Allmählich wird es heller. Er sieht einen Film, in bräunliches Licht getaucht,  und stellt fest: Er sieht sein Leben, ist der Hauptdarsteller. Bei einer Episode bleibt der Film stehen: Er ist vier, seine Schwester zwei Jahre alt. „Ich habe sie sekkiert. Sie an der Kleidung gezupft. Es hat sie geärgert, und ich habe es erst recht gemacht. Ja, es machte mir Spaß, sie zu ärgern.“
Da hört er eine Stimme: „Das war nicht in Ordnung.“ Der Tonfall ist angenehm, aber bestimmt. Das war doch nur Neckerei, versucht er zu entgegnen. Doch die Stimme bleibt dabei: Es sei nicht in Ordnung gewesen. Er will aber nicht klein beigeben, gesteht er heute. Viele Entschuldigungen für sein Verhalten fallen ihm ein. – Geht es uns nicht oft so, überlege ich. – Da hätten zwei Mächte um ihn gekämpft, erzählt Atzmüller. Schreckliche seelische Schmerzen beschert ihm dieses Ringen. Für welche Macht soll er sich entscheiden? Die eine suggeriert ihm, er könne seine Schuld mit einer Strafe selbst wieder gut machen. Aber: Kann er selbst etwas wieder gut machen? Ist das nicht sein Stolz, der dabei zum Ausdruck kommt? Muss aber nicht gerade der Stolz in uns sterben?
Schließlich – das Ringen scheint ewig zu dauern – gesteht er einfach nur ein, es sei nicht in Ordnung gewesen. In dem Moment, als er sein Unrecht zugibt, läuft der Lebensfilm weiter. Sobald er ein Fehlverhalten zugibt, ist es ausgelöscht. Sieht er jede im Leben begangene Sünde? Nein, nicht jede! Erst viel später wird ihm bewusst, dass alles, was er schon bereut und gebeichtet hatte, in dem Film gar nicht mehr vorgekommen war. Er erkennt die Kostbarkeit und Kraft dieses Sakramentes der Versöhnung.
„Am Ende des Lebensfilmes kam wieder die Dunkelheit. Dann in der Ferne ein Lichtpunkt: Intensiver, anziehender als alles, was wir hier kennen.“ Dort will er hin, ja von dort kommt er her, dort ist er zuhause, dort ist seine Heimat! Froh merkt er, dass er sich dorthin auf den Weg machen kann und dabei vielen anderen, wunderschönen Seelen begegnet, mit denen er sich unterhalten kann. „Sprache hat da keine Bedeutung, man versteht sich auch, ohne zu sprechen.“ Wie sehen die Seelen aus, haben sie einen Körper, frage ich neugierig. „Ja und nein. Man kann ineinander eingehen, sich aber auch nur berühren und fühlen. Also körperlich und auch nicht.“ Waren es Freunde, Verwandte? Das weiß er nicht mehr.
Dieses Sowohl-als-Auch erlebt er jetzt vielfach. Es ist schwer zu erklären: So herrscht zwar absolute Stille, andrerseits aber hört er eine Melodie: „Eine, wie man sie sich auf Erden gar nicht vorstellen oder erfinden kann, unbeschreibbar, vollkommen,“ ist er heute noch überwältigt. Noch schwerer zu beschreiben ist die Erfahrung der Liebe: „Die Liebe, die einen erfüllt und durchdringt, wird immer intensiver auf dem Weg zum Licht.“ Und: „Jede Seele, der man begegnet, liebt man tausendmal mehr als man auf Erden einen Menschen lieben könnte. Mit einer unglaublichen Intensität. Man ist Teil der Liebe.“
„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird das Licht des Lebens haben,“ heißt es bei Joh.8,12. Daher ist mein Gegenüber überzeugt, Gott als Licht erlebt zu haben. Angesichts der großen Gemeinschaft, die da von Sehnsucht getrieben zum Licht unterwegs ist, fragt er sich, ob er in diesem Licht aufgehen, also seine Persönlichkeit, sein Ich verlieren wird. Und die klare Antwort: Das Ich wird immer bestehen bleiben.
Noch etwas: Zeit und Raum haben in diesem Zustand keine Bedeutung mehr. Nichts ist vergänglich, nichts unerreichbar. Zeit gibt es wohl und doch auch wieder nicht: Ewigkeit sei, wie er gerne erklärt, Vergegenwärtigung jeder x-beliebigen Zeit. So konnte er sich da „frei in Zeit und Raum bewegen.“ Er erlebt Begebenheiten aus der Vergangenheit, aber auch Ereignisse aus der Zukunft mit. Und das gleichzeitig!
Als er knapp davor ist, in dieses Licht vollkommen hineinzugehen, „war wieder diese Stimme: ‚Kehr zurück in deinen Körper’. Es war kein Befehl. Es blieb meine Entscheidung, ja oder nein zu sagen. Doch ich wollte diese Liebe nicht enttäuschen.“
Also zurück ins Chaos! Und so kehrt er am 20. 12. um 4 Uhr früh zurück zu seinem Körper, den er auf einem Bett in einer Abstellkammer liegen sieht. An seiner rechten Zehe ein Zettel: Josef Atzmüller, gestorben am 19.12.1964 um 20 Uhr.
„Das Eintauchen in meinen Körper war eine Katastrophe,“ entsinnt er sich. „So habe ich mir immer die ,Eiserne Jungfrau’, dieses Foltergerät, vorgestellt. Von allen Seiten wie von Schwertern durchbohrt. Wozu soll ich zurück ins Leben? Aber wenn ich lebe, sollte ich mich bemerkbar machen.“ Doch es scheint, als könne er nichts bewegen, nichts sagen.
Endlich: er kann die große Zehe mit dem Zettel rühren. Eine Krankenschwester betritt den Raum, sieht die wackelnde Zehe und läuft hinaus. Er wird in ein Krankenzimmer verlegt.
Wie ging es also dem Wiedererwachten? „Ich konnte nur atmen, sonst nichts,“ erinnert er sich. Am 21. Dezember wird er wieder operiert. Obwohl der Bauchraum ausgeheilt ist, wie ihm bestätigt wird, bekommt der Dickdarm ein Plastiknetz verpasst. Der Genesungsprozess wird langwierig. Die Eltern, vor allem die Mutter, besuchen ihn, trotz mühsamer Anreise, so oft es geht. Was muss das für sie, die bereits um ihren Sohn getrauert hatten, für eine Erfahrung gewesen sein?
Welche Erinnerungen hat mein Gegenüber aus diesen Monaten? Jeder Besuch hat ihn gefreut, besonders das stumme, tägliche Rosenkranzgebet einer Ordensfrau, ihre beruhigende Kraft und Leben spendende Hand auf der seinen, wenn es ihm schlecht ging.
Anfang Februar wird er nach Hause entlassen. Gerne würde er den Eltern von dem Erlebnis erzählen, doch sie wollen nichts hören. Warum? Sie fühlen sich, so erfährt Josef später vom Vater, schuldig, dass sie ihn aufgegeben hatten. Sie hätten auch nicht an ein himmlisches Leben nach dem Tod gedacht. Die Beziehung zur Mutter, vorher so gut, ist ab da gestört. Sie spürt: Er hat keine Freude an seiner Rückkehr ins Leben.
Bald stellen sich Zweifel ein, ob das Erlebte wirklich stattgefunden hat. Er beginnt, seine Nahtod-Erfahrung zu verdrängen. Doch eines Tages schlägt er die Zeitung auf und liest von einem Autounfall mit vier Toten. Alle Details stimmen haargenau mit dem tödlichen Verkehrsunfall einer vierköpfigen Familie überein, den er bei seinem Sterbeerlebnis gesehen hatte – und sich nun tatsächlich zugetragen hat. Ein Rückschlag für seinen Verdrängungsversuch. Aber könnte er das Unerklärliche überhaupt anderen begreiflich ma­chen? Gibt es Worte dafür? Und so wird er fast 30 Jahre kaum darüber sprechen.
In der folgenden Zeit fühlt er sich immer wieder von Geistlichen verletzt. Auch wenn seine Gottesbeziehung darunter nicht leidet, entfernt er sich dennoch von der Kirche, aus der er sogar austritt. Sieben Jahre lang wendet er sich dann anderen Glaubensrichtungen wie dem Hinduismus, dem Buddhismus zu, um herauszufinden, ob eine dieser Lehren „der Liebe Gottes gerechter wird als die katholische Kirche.“ Letztendlich aber erkennt er: Schon wegen der Sakramente – deren Kostbarkeit durfte er ja bei seinem Sterbeerlebnis erkennen – kommt nur der katholische Glaube in Frage. Die Bekanntschaft mit drei außergewöhnlichen Priestern trägt zu seinem Wiedereintritt in die Kirche bei.
In dieser Zeit der Suche schließt er 1972 unter denkbar schlechten Voraussetzungen eine unglückliche Ehe, die geschieden und Jahre später von der Kirche annulliert wird. „Das gehört auch zu meinem Leben, zu meinem Weg,“ stellt er unumwunden fest. Vier Kinder (zwischen 29 und 42) stammen aus dieser Ehe. Offenbar hat ihm sein Sterbeerlebnis durchaus kein problemloses Leben beschert, denke ich mir während seiner Erzählung.
„Was haben Sie beruflich gemacht?“, frage ich ihn. Wegen seiner Erkrankung konnte er nicht Pilot werden und daher wendet er sich einem anderen, zukunfts­träch­tigem Gebiet zu, der Computerbranche. Bei einem EDV-Dienstleister, der Computer in Sparkassen einführt, bekommt er seine erste Anstellung. Unternehmensberater, Prokurist und Support Manager für Banken und Versicherungen bei einem Computerhersteller sind weitere Abschnitte seines Berufslebens.
Schließlich landet er bei einem weltweiten Consulting-Unter­neh­men. Dort ist er als Prokurist zuständig für die Ausbildung von Projektmanagern. In seiner gan­zen beruflichen Laufbahn ist ihm das Motivieren seiner Mitarbeiter besonders wichtig, dafür Sorge tragen, dass sie Erfolgserlebnisse haben. „Für mich gab es nie faule Mitarbeiter. Manche waren lang­samer, andere schneller. Die Lang­samen, so habe ich festgestellt, sind oft kreativer und leisten bessere Arbeit als die schnellen.“ Für den deutschsprachigen Raum ist er auch als Konfliktmanager tätig. Trotz seiner Jenseitserfahrungen übt er also einen Beruf aus, der ihn mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität stehen lässt.
Konfliktlösung liegt ihm. „Es macht Freude zu sehen, wie sich verfeindete Lager innerhalb weniger Stunden versöhnen und wieder an einem Strang ziehen können. Das hat mich aufgebaut,“ blickt er zufrieden zurück. Er bekommt sogar eine Auszeichnung als erfolgreichster Konfliktmanager. Hat die Sensibilität, sein gesundes ‚G’spür’ für die Menschen nicht vielleicht etwas mit dem Erlebnis als 16-Jähriger  zu tun?
Von seinen Erfolgen angetan, will ihn der Konzern als Konfliktmanager nach Spa­nien und Italien schicken: ein besonders gut bezahlter Job, wie er sich erinnert. Doch er lehnt ab. „Das funktioniert nicht. Ich kann nicht in einer fremden Sprache Konflikte lösen. Ich muss die Leute ja gut verstehen können, wie es ihnen wirklich geht, damit ich ihnen helfen kann, über Mauern zu springen.“ Auch hätte er neue Methoden anwenden sollen, die er mit seinem Glauben nicht vereinbaren konnte. „Selbst wenn ein Ziel gut, ist kann man nicht jede Methode – etwa Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen, bis der Schwächere geht – anwenden.“
Schmerzhaft registriert er, dass in Unternehmen nur mehr der Kostenrechner zählt. „Der Mitarbeiter ist nicht mehr ein besonderer Mensch, für den man Verantwortung hat.“ Und er ergänzt: „Wenn ich das Gefühl bekam, die Richtung stimmt nicht, etwas ist nicht mit meinem Glauben vereinbar, habe ich stets nein dazu gesagt.“ So scheidet er aus dem Unternehmen aus und macht sich selbständig, um Projekte im In- und Ausland durchzuführen: So z.B. in Deutschland die erste Online-Verbindung zwischen Börse und Banken. Oft zeigt ihm Gott auch, welchen Weg er bei Entscheidungen einschlagen soll. „Das waren immer Volltreffen, Geschenke Gottes,“ erkennt er im Rückblick.
Schließlich wächst in ihm der Wunsch, den Menschen von der Herrlichkeit des Lebens nach dem Tod zu erzählen, ihnen die Angst vor dem Tod zu nehmen. Er beginnt, von seinem Sterbeerlebnis zu berichten, etwa im Buch Erinnerungen an meine (Deine) Zukunft. „Haben sie das als Auftrag empfunden?“, frage ich ihn. „Ja, Gott erwartet von mir, Zeugnis von Seiner Liebe zu geben. Wir sollen wissen, dass Er keinen Menschen verurteilt. Das tun wir selbst, wenn wir auf unseren Stolz nicht verzichten.“ Seit einigen Jahren hält Josef Atzmüller auch Glaubensseminare: Da geht es vor allem um Gottvertrauen, Versöhnung und Demut. Übrigens: Jesus habe ihn zweimal wissen lassen, er solle sich nicht auf Vorträge oder Seminare vorbereiten. „Er würde mir zur rechten Zeit alles Notwendige schenken.“ Auch zu Vorträgen, etwa in Schulen, lädt man ihn ein.
So ist Atzmüller also doch Missionar geworden! „Jede Einladung im In- und Ausland ist für mich ein riesiges Geschenk,“ betont er. „Von so vielen verschiedenen Schicksalen erfahre ich da.“
Vor ein paar Jahren ist er an den Attersee gezogen, um sich mehr dem Gebet zu widmen. Eines Tages besucht er einen Kochkurs – er ist ja Selbstversorger und auf der Suche nach gesunden (Hildegard)-Rezepten. Dabei freundet er sich mit Helga, der Leiterin des Kurses, an. Und aus der anfänglichen Bekanntschaft wird – eine Ehe! Eineinhalb Jahre sind die Beiden nun verheiratet. „Das Leben mit Helga ist ein großes Geschenk,“ erklärt er mir strahlend. Gemeinsam arbeiten sie gerade an einem Kochbuch mit Rezepten der Hl. Hildegard.
Was er sich wünscht? „Dass jeder Mensch in der Früh sagen kann: Mein Leben ist spannend, mein Leben erfüllt mich, nichts ist sinnlos und ich freue mich darauf was dieser Tag mir bringen wird.“ Denn: Der Herr durchdringt alles mit Seinem Licht!

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