VISION 20003/2007
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Eine Welt, in der Undank um sich greift

Artikel drucken Undank ist immer eine Art Schwäche (Goethe) (Von Christa Meves)

Je mehr unsere Welt von Gott abfällt, umso mehr wird sie von Undankbarkeit geradezu beherrscht. In einer Ellenbogengesellschaft sind Gesten des Dankes unangebracht, ja, das Empfinden für Dankbarkeit geht sukzessive verloren.

Der Mensch, der meint, allein der Schmied seines Glücks zu sein, kennt vor allem ein Bestreben: den Konkurrenten auszustechen und bei welchem Etappenziel auch immer als Sieger durchs Ziel zu laufen.

Rasch sind dann die Personen vergessen, die ihm zur Seite standen, die ihm behilflich waren, die sich zurückstellten, die aus Liebe verzichteten, die sich bei einer überpersönlichen Sache verdient machten. Umso schneller muß der Wert der Mitarbeit anderer verdrängt werden, als deren Handlungen, Ratschläge, Anweisungen oder Prognosen sich im Nachhinein als besonders bedeutsam und wahr erwiesen.

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür geben die vielen verantwortungsbewußten und tatkräftigen Personen ab, die sich in den vergangenen 40 Jahren - unbeirrt von aller politischen Absicht in Ost und West, die Gespaltenheit Deutschlands aufrecht zu erhalten und zu verfestigen - sich in unermüdlicher Hartnäckigkeit dafür einsetzten, Brücken zu schlagen und Grausamkeiten von Schicksalen in der Satellitendiktatur DDR zu mildern.

Das war heroischer, jenseits des eisernen Vorhangs sogar oft mit dem Entzug der Freiheit bezahlter Widerstand. Ist ihnen der 'Dank des Vaterlandes' gewiß? Mitnichten! Auf den Thronsesseln der Mächtigen und der Medien haben die Wendehälse das Sagen, und vom Dank gegen die tapferen Einzelkämpfer ist nicht die Rede!

Oder ein Beispiel aus dem persönlichen Feld: Uralt und oft auch schon sehr gebrechlich befinden sich die Letzten aus der Generation der Trümmerfrauen, der Kriegerwitwen des zweiten Weltkrieges, die ihre Kinder unter harter Mühsal großgezogen haben. Sie haben das meistens nicht nur geschafft, sondern die Generation der heute 50- bis 60jährigen mit Enkeln im jungen Erwachsenenalter haben sich sogar ein bürgerliches Leben aufbauen können. Wieviele von ihnen denken noch daran, auf welcher arbeitsreichen und opfervollen Grundlage all das hat entstehen können? Denken sie mehr als am Muttertag und mit einer Postkarte zu Weihnachten an das Wohl und Wehe dieser alten Mütter? Sitzen diese Alten nicht oft vereinsamt und verbittert in der Ecke eines Pflegeheims?

Dieses merkwürdige Vergessen macht sich neuerdings sogar schon als eine massive Ungerechtigkeit in den neuen deutschen Gesetzen breit. Sie bewirken, daß den Familienmüttern, die sich in einer Großfamilie ausschließlich darum gekümmert haben, eine Vielzahl von Kindern großzuziehen, keine Witwenrente mehr zugebilligt wird. Der Staat glaubt vergessen zu dürfen, wem er den Fortgang und die Gedeihlichkeit der Gesellschaft als seiner Grundlage verdankt!

Solches Verhalten signalisiert Gottesferne; denn echt gläubige Menschen sind vor allem ihrem Schöpfer dankbare Geschöpfe. Dankbarkeit ist ein positives Urlebensgefühl. Es wächst aus dem Erleben beschenkter Zufriedenheit, die in der ersten Lebenszeit dem Kind durch die es stillende Mutter übermittelt wird. Das Kind spürt unbewußt, daß es mit dem Leben beschenkt ist. Das gläubige Kind kann dann bald auch hören und erfahren, woher dieses Geschenk in seiner Absolutheit gründet: In der Liebe Gottes für jedes einzelne Geschöpf.

Aus dieser Einsicht erwächst die dankbare Gegenliebe zum Schöpfer mit der Lust, Ihm Freude zu machen, Ihm dienen, Ihm gehorsam sein zu wollen. Das Pflegen einer solchen innigen persönlichen Dankbarkeit für Ihn fördert dann - im Einklang mit dem großen Vorbild von Jesus Christus - die Dankbarkeit auch gegen Mitmenschen, vorrangig die eigenen Eltern und weitere besonders liebevolle Personen seines Umfeldes.

Aus der empfangenen Liebe Gottes für das Geschenk des Lebens kann schließlich ein solches Maß an Erfülltsein von Dankbarkeit erwachsen, daß dies zum Charakterzug zu werden vermag; denn ein solcher Mensch weiß sich dann schließlich auch sehr bewußt seinem Gott verpflichtet. Er empfindet die Bereitschaft zum selbstlosen Einsatz z. B. für eine überpersönliche Sache als gut, als gottgefällig und bemüht sich mit Intensität darum. Und diese Haltung läßt ihn offen dafür werden, sich über ähnliches Verhalten bei einem Nebenmenschen freuen zu können. Worte und Handlungen der Anerkennung, des Dankes sind dann nicht Höflichkeitsgesten, sondern spontane Bekundungen. So entsteht - weit über alle leere Formen hinaus - ein Anstand des Herzens. Er ist der Urgrund aller Kultur, und diese Einsicht läßt dann auch sichtbar werden, daß kulturelles Niveau ohne die Priorität des Glaubens immer ein Appell ohne Wirklichkeit bleiben wird.

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