VISION 20005/2016
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Wir sind auf dem Weg zum Himmel

Artikel drucken Eine alles entscheidende Perspektive, die oft vergessen und über die selten gepredigt wird: (Von Weihbischof Andreas Laun)

Der oft nur mühsam zu bewältigende Alltag und dessen Sorgen nehmen uns heute meist so in An­spruch, dass wir das Ziel allen Strebens aus den Augen verlieren. Der folgende Beitrag lädt zu einem Blick auf die wunderbare Pespektive unseres Zieles ein.

Ich freue mich jetzt schon wieder auf das Heimkommen!“, sagen die meisten Menschen gegen Ende auch eines an sich schönen Urlaubs. Der Grund für solche Gefühle ist, dass keine irdischen Freuden die Seele ganz und auf Dauer sättigen können. „Ich freue mich schon sehr auf den Himmel“, sagte mir neulich eine Frau, auch nach einem besonders gelungenen Urlaub, den sie am Meer verbracht hatte!
Sie hat recht, und christlich gesehen benennt sie damit die Grundverfassung, in der jeder Mensch leben sollte, immer und täglich und nicht nur ab und zu, etwa am Fest Allerheiligen. Übrigens gehen darum nicht wenige Christen auch täglich in die heilige Messe, letztlich auf Grund ihrer Sehnsucht nach dem Himmel.
In lapidarer Prägnanz schreibt Paulus: „Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter“ und fügt sofort eine inhaltliche Beschreibung unserer Hoffnung an: „der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.“ (Phil 3,20f)
In der heiligen Messe erinnern wir Christen uns nicht nur einmal an die Wiederkunft Jesu, die wir zu ersehnen behaupten – sehr oft wohl ziemlich gedankenlos. Eigentlich sollten wir hingegen ganz sicher wissen: Wir sind natürlich auf dem Weg, zum Himmel, wohin denn sonst? Ja, es gibt eine fürchterliche Alternative, aber an diese sollten wir weder ernsthaft noch im Spaß denken – nur soweit, dass wir sie, den Mahnungen Jesu folgend, auch nicht verdrängen oder so dumm wären zu meinen, wir könnten sie durch Leugnung aus der Wirklichkeit hinauskatapultieren!
Zurück zum Thema Nr. 1 des Christen: Wir sehnen und wünschen uns aus ganzem Herzen den Himmel. Er, der Himmel, ist der Inhalt unserer tiefsten, eigentlich einzigen Hoffnung. Die „kleinen Hoffnungen“ unseres irdischen Alltags folgen erst lange, in großem Abstand, danach und weiter hinten, auch wenn sie sich in unserem Bewusstsein weit nach vorne drängen können und manchmal durch Schmerz und Angst  „die“ einzig große Hoffnung fast vergessen machen.
Wer das bestreitet oder belächelt, sollte sich fragen lassen, welche andere Antwort er zu bieten hätte? Sogar der wunderbarste Fortschritt der Medizin, der unser Leben um Jahrhunderte verlängern würde, wäre viel eher ein Albtraum als ein Wunschziel, wie Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika über die Hoffnung eindrucksvoll erklärt hat!
Hand aufs Herz: Wer würde sich ernsthaft wünschen, 1000 Jahre zu leben?
Und was das eigentlich trostvolle Fegefeuer betrifft: Es ist zwar leidvoll, aber doch nur ein Vorraum zum Himmel, sein einziger „Exit“ ist die Türe zum Himmel, und diese ist „zu dieser Zeit“ nicht mehr eng oder vielleicht zugesperrt, sondern breit und offen!
Also der  Himmel! Wie aber dürfen wir ihn uns „vorstellen“? Na ja, jedenfalls nicht fad wie der „Bayer im Himmel“, der nicht „Luja singen“ will und sich nach einem Bier im Hofbräuhaus sehnt!
Ansichtskarten oder Werbefilme vom Himmel gibt es nicht, aber die Bibel, die unser Verlangen nach Bildern kennt, lädt uns ein, mit ihren Bildern vom Himmel zu träumen: „Teilnahme am himmlischen Hochzeitsmahl“ – klingt doch gut, oder? „Gemeinschaft der Heiligen“, in der sich auch die Menschen befinden werden, die wir „damals auf Erden“ bei ihrem Tod so schmerzlich beweint haben.
Im Hebräerbrief lesen wir dazu: „Ihr seid zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten!“ „Neue Erde“, die wohl auch nicht ausschauen wird wie ein betonierter Flugplatz, nur grün gestrichen.  
Mit der „neuen Erde“ dürfen wir unsere schönsten Erinnerungen an Meer, Berge, Blüten, geliebte und bewunderte Tiere verbinden: Die neue Erde, ein­schließlich unserer neuen Körper, wird schöner sein als das, was wir schon hatten.
 Jesus selbst verspricht uns eine neue Wohnung, und diese darf man sich wohl gemütlicher denken als einen  „Menschenkäfig“, wie es sie in den kommunistischen Trabantenstädten gab. Unser Leib wird auch himmlisch sein, ohne dass Paulus (1Kor 15,34) uns erklärt, wie das „genau“ sein wird, weil er es spürbar selbst nicht weiß, wenn er sagt: „Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib. Wenn es einen irdischen Leib gibt, gibt es auch einen überirdischen.“ Eigentlich sagt er nur, dass Gott „auch euren sterblichen Leib lebendig machen wird, durch seinen Geist, der in euch wohnt.“ (Röm 8,11)
Also Hochzeitsfeier, Großfamilie der Engel und der Heiligen, zu denen zu unserer größten Überraschung auch wir selbst gehören werden, Wohnung und neue Schöpfung, neuer Leib  – und was noch? Noch eine andere, das Wesentliche sogar besser benennende Vision ist: Die „Herrlichkeit des Herrn“ werden wir schauen. Sie wird den Himmel erfüllen und zu dem Zustand jener Seligkeit machen, von der die Heilige Schrift sagt: „Wir verkündigen, wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (1Kor 2,9)
Eine gewisse Ahnung erfüllt uns, wenn wir lesen: Die Engel „riefen einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt.“ (Jes 6,3) „Die Erde auch, nicht nur der Himmel!“, rief Dietrich von Hildebrand, der große Philosoph, laut in einem Gespräch.
Oder ebenso majestätisch: Nachdem Gott die Erde gereinigt hat, „kommt Er, und über dem ganzen Gebiet des Berges Zion und seinen Festplätzen erscheint bei Tag eine Wolke und bei Nacht Rauch und eine strahlende Feuerflamme. Denn über allem liegt als Schutz und Schirm die Herrlichkeit des Herrn; sie spendet bei Tag Schatten vor der Hitze und ist Zuflucht und Obdach bei Unwetter und Regen.“ (Jes 4,5f)
Oder auch nur:  „Man wird die Herrlichkeit des Herrn sehen, die Pracht unseres Gottes.“ (Jes 35,2) Etliche andere Texte bei den Propheten oder auch aus dem Neuen Testament ließen sich zitieren, besonders jene von der „Frau des Lammes“ (Offb 21,9), vom himmlischen Jerusalem, das nur von der Herrlichkeit des Herrn erleuchtet wird .
So ist der Himmel, so stelle ich ihn mir vor – trotz aller Unmöglichkeit, ihn schon jetzt wirklich zu erkennen! Das war und ist auch besonders begnadeten Menschen von Paulus bis zu den Seherkindern von Fatima verwehrt geblieben.  Aber Ich freue mich auf den Himmel aus ganzem Herzen. Er ist die Sehnsucht, die mein Leben begleitet!
Und Sie, liebe Leser,  freuen sich nicht? Das glaube ich Ihnen nicht, das gibt es einfach nicht!
Also – angesichts der Kürze unseres Lebens – auf ziemlich bald im Himmel! „Morgen in Jerusalem“ drücken die Juden gerne ihre Hoffnung aus. Christen können das mit ihnen auch sagen im Gedanken an das „himmlische Jerusalem“, das die Bibel verspricht, aber wir könnten auch sagen: „Morgen im Himmel“!
Der Autor ist Weihbischof der Erzdiözese Salzburg.

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