VISION 20005/2016
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Viel Ermutigung und sehr viel Hoffnung

Artikel drucken Erinnerungen an die Abschlussmesse (Mark Goda)

Es ist heiß. Jene Verrückten, die zu Beginn der Abschlussmesse mit dem Heiligen Vater auf dem großen Feld noch keinen Sonnenschutz hatten, besorgen sich spätestens in dem Moment, in dem der Papst zur Predigt schreitet, einen Schirm, zumindest eine Kopfbedeckung. Die Sonne brennt herunter – auch auf die Kardinäle in der ersten Reihe.
Kurze Stille: weit über eine Million Jugendliche warten gespannt auf die Worte eines alten Mannes aus Argentinien. Sie alle haben Mühen und Strapatzen auf sich genommen, um bei diesem Weltjugendtag eine junge, lebendige Kirche zu erleben, um zu sehen, wie Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommen und auf den Straßen bunte Fahnen schwingend gemeinsam singen, tanzen und beten. Und um Papst Franziskus zu hören.
Er beginnt, das eben gehörte Evangelium von Zachäus auf unser Leben anzuwenden und zählt drei Hindernisse auf, die uns abhalten, Jesus zu begegnen. Als erste Hürde führt er die geringe Körpergröße des Zöllners an, die für unser Minderwertigkeitsgefühl stehe. Und er bringt die Sache auf den Punkt: „Und Gott rechnet mit dir aufgrund dessen, was du bist, nicht aufgrund dessen, was du hast. (…) In seinen Augen bist du wertvoll, und dein Wert ist unschätzbar.“ – Richtig stark.
Es ist immer noch heiß und die Schweißperlen auf der Stirn rinnen langsam zusammen, bevor sie auf den Boden tropfen. Dabei erinnert man sich an die vergangenen Tage, an die jubelnde Menschenmenge genauso wie an stille Momente in der Kirche.
In der Hitze auf dem Campus Misericordiae denkt man gerne zurück an die kühlen Abende mit der Gastfamilie weiter draußen auf dem ruhigen Land, wo man bei voll gedecktem Tisch die großzügige polnische Gastfreundschaft genießen durfte.
Solche ruhigen Augenblicke waren aber eher eine Seltenheit, die Woche war nämlich ziemlich abenteuerlich. Die Straßenbahnen waren vollgestopft und dennoch sang man lautstark das Resucito der Spanier mit oder versuchte bei der aufgedrehten, trommelnden Gruppe aus Afrika mitzutanzen. Die Stimmung war einfach genial, die Freude über den Glauben ansteckend. Manchmal geschah es sogar, dass einer aus unserer Gruppe eines der berühmten Austropop-Lieder anstimmte und die polnischen Busfahrer mit Schlagern wie „I am from Austria“ bekannt machte.
Plötzlich wird man von Papst Franziskus aus den Erinnerungen gerissen und zurück in die Gegenwart geholt. „Er ist das Risiko eingegangen, hat sich selbst aufs Spiel gesetzt.“ Das Kirchen­oberhaupt spricht vom zweiten Hindernis, von der lähmenden Scham, die Zachäus und wir überwinden müssen. „Das ist auch für uns das Geheimnis der Freude: die gute Neugier nicht auslöschen, sondern sich selbst aufs Spiel setzen, denn das Leben darf nicht in eine Schublade eingeschlossen werden.“
Bis die Worte des Papstes vom Ambo auf der Bühne bis zum letzten Sektor vordringen, vergehen ein Dutzend Sekunden. Dabei sind die Tage hier in Krakau erstaunlich gut organisiert, die Toiletten-Anlagen auf dem Feld ausreichend und die Essensausgabe an der Weichsel direkt vor der Wawel-Burg war ein Geheimtipp für alle, die lange Schlangen scheuen und trotzdem gerne polnische Spezialitäten genießen.
Die andächtig geneigten Köpfe, teils über beide Ohren mit dem Übersetzungsgerät verkabelt, teils um ein beeindruckendes, fast antikes Radio versammelt, richten sich kurz auf und schauen nach oben. „Die Menge hat Zachäus an jenem Tag das Urteil gesprochen, sie hat ihn von oben herab angesehen; Jesus hingegen hat das Gegenteil getan: Er hat zu ihm hinaufgeschaut.“ – Die dritte Hürde, die raunende Menge. Der Satz reiht sich in die vielen Worte des Mutes und der Hoffnung, die uns der Nachfolger Petri in den letzten Tagen zugesprochen hat.
Die Sonne steigt höher, die Wandlung rückt näher. Eine Million Jugendliche aus über 160 Nationen knien andächtig auf einem riesigen Gelände am Boden und erwarten den Höhepunkt der Heiligen Messe. Außer den lateinischen Messworten ist fast nichts zu hören; die Sprechchöre der letzten Tage sind verklungen und der überschwängliche Jubel hat sich in eine ehrfürchtige Stille verwandelt. Das Geheimnis der Eucharistie wird hier mit Millionen gleich gefeiert wie in unseren kleinen Pfarren zu Hause – denn es geht um Christus.
Die Hitze ist immer noch nicht vergangen, aber im Moment, wo der Papst den nächsten Weltjugendtag in Panama 2019 ankündigt, breitet sich eine Welle des Jubels aus, die recht bald nach dem Ende der Heilige Messe wieder in Sprechchöre und eine große Wasserschlacht übergeht.
Und Du fragst mich, was wir uns mitnehmen? Einen Auftrag von unserem Papa Francesco höchst persönlich: „Und jene Freude, die ihr umsonst von Gott empfangen habt, bitte, gebt sie umsonst weiter, denn viele warten auf sie, und sie erwarten sie von euch!“



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