VISION 20005/2019
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Mit anderen teilen, was mir am wertvollsten ist

Artikel drucken Plädoyer für eine demütige Mission (P. Darius Lebok OFM)

Mission ist etwas anderes als eine Werbekampagne für Jesus. Es geht darum, der Welt erfahrbar zu machen, dass Jesus Christus in dieser Welt gegenwärtig ist und wirkt. Und das setzt wieder als erstes voraus, dass wir uns stets neu darum bemühen, uns von Seiner Gegenwart erfüllen zu lassen.

Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe!“ (Mt 28, 19-20 ELB)
Es ist dieser Schlusssatz des Matthäusevangeliums, der in mir eine große Unruhe bewirkt. Eine Unruhe, die es mir nicht erlaubt, still zu sitzen und darauf zu warten, dass etwas passiert. Und der Auftrag in diesem Wort Jesu ist unmissverständlich und klar: Wir sind dazu aufgerufen, alle Menschen zu Jüngern Jesu zu machen, sie zu taufen, und zu lehren, was Christus uns geboten hat.
Wie soll das aber gehen? Ist das nicht eine Überheblichkeit und eine Zumutung für den Menschen von heute?
Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass der Glaube das Kostbarste in meinem Leben ist, was ich habe. Er ist das, was mir mein Leben ermöglicht, was mich herausfordert und mir zeigt, wie ich als Jünger Jesu leben soll. Diese Tatsache ist für mich der Ausgangspunkt für das Verständnis, was Mission ist.
Mission ist für mich ganz säkular ausgedrückt: Das Kostbare, das ich habe, mit Menschen zu teilen, die es nicht haben. Und weil ich ein Christ bin, möchte ich meinen Glauben mit anderen teilen, damit sie diese Kostbarkeit – eine Beziehung zu Jesus – auch haben. Wenn man so den Missionsauftrag Jesu versteht, läuft man nicht Gefahr, überheblich zu sein – es ist eine demütige Zugangsweise.
Wie funktioniert so eine demütige Mission? Es ist gar nicht so kompliziert: Wir sollen alle Menschen zu Jüngern Jesu machen. Entscheidend ist aber die Frage: Wie soll ich die Menschen zu Jüngern Jesu machen? Es gibt mehrere Möglichkeiten! Man kann aber gemeinsame Punkte bei all diesen Möglichkeiten festmachen.
Das Erste und Wichtigste ist: Ich selbst muss ein Jünger Jesu sein! Daran führt kein Weg vorbei. Damit ich den kostbaren Glauben teilen kann, muss ich ihn selber haben. Sonst wäre es Betrug! Der erste Schritt, den Missionsauftrag Jesu zu erfüllen, ist also, sich darum zu kümmern, dass meine Beziehung zu Jesus eine lebendige ist. Ich muss Jesus erlauben, dass Er in mein Leben „reinquatschen“ darf.
Mit anderen Worten gesagt: Ich muss Gott zugestehen, dass Er in meinem Leben mitwirken kann. Klingt einfach. Ist es aber nicht… Das bedeutet nämlich, dass ich jederzeit zur Umkehr bereit sein muss. Noch mehr: Ich muss ständig umkehren – und nicht irgendwo hin, sondern zum Herrn! Eine lebenslange Aufgabe.
Auch wenn ein Jünger Jesu mit der Umkehr sein ganzes Leben lang beschäftigt sein wird, bedeutet es nicht, dass es alles ist. Jesus sagt: Tauft und lehrt sie! Da gibt es tausend Möglichkeiten, wie man dies angehen könnte. Ich möchte einen dieser Wege zeigen.
Lohnenswert ist es, kurz auf den Besuch Mariens bei ihrer Verwandten Elisabeth zu schauen (Lk 1, 39-56). Maria geht zu ihrer Cousine, um etwas zu tun, das für die Mission grundlegend ist. Sie tut bei ihr keine Wunder. Sie geht hin, um zu helfen. Und was für eine Hilfe kann Maria leisten? Sie kann putzen, kochen, aufräumen, zuhören…
Das, was das Tun Mariens auszeichnet, ist unter anderem, dass sie das tut, was sie kann. Bildlich gesprochen, sie breitet ihre Arme aus und genau so viel kann sie tun – das ist ihre „Reichweite“, ihr Wirkungsbereich. Maria hofft nicht darauf, dass etwas Großartiges und Außergewöhnliches geschieht. Sie tut das, wozu Gott sie befähigt hat. Sie nutzt die Arme und die Möglichkeiten, die sie von Natur aus hat. Plump gesagt: Maria tut, was sie kann – so weit eben ihre Arme reichen.
So kann Mission auch funktionieren. Wir sind Abbild Gottes (Gen 1, 26). Gott ist aber, wie der heilige Franziskus sagt: gut. Alles, was Gott vollbringt, ist gut. Und wenn wir Jünger Jesu sein wollen, sind wir dazu gerufen, es Ihm nachzumachen: Gutes tun!
Man darf dies nicht missverstehen. Es geht nicht darum, Gutes zu tun im Sinne einer sozialen Beschäftigung. Es geht darum, Jünger Jesu zu sein. Es geht darum, Seine Botschaft zu verstehen. Es geht darum, Ihm ähnlich zu werden. Es geht darum, Gutes zu tun, wie Gott es tut. So wird die Botschaft des Evangeliums lebendig. Und das ist nicht zu wenig!
Wenn man in einer Freundschaft mit Jesus lebt, wenn man Sein Jünger ist und dann aus dieser Beziehung heraus handelt – da, wo es einem gerade möglich ist – dann erfüllt man den Auftrag Jesu. So wird die Beziehung zu Gott auch fruchtbar für die Kirche. Wenn ich aus der Beziehung zu Jesus lebe und handle, erfülle ich direkt den Auftrag Jesu, alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen.
Der hier aufgezeichnete Weg ist aber nur ein Aspekt des großen Themas Mission.

Der Autor ist seit September 2017 Bundesjugendseelsorger der Österreichischen Bischofskonferenz und Mitglied im  Franziskanerkloster La Verna, Haupstraße 5, 2344 Maria Enzersdorf,
Tel: +43 699 1835 5496


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