VISION 20005/2004
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Vorrang für die Familie

Artikel drucken Marietta und Johannes Reinprecht haben in ihrem Leben eine bemerkenswerte Priorität gesetzt: (Von Alexa Gaspari)

Gut sehen sie aus. Sympathisch und jung, so sitzt mir das Ehepaar Reinprecht in der Vorderbrühl gegenüber, jeder ein Kind auf dem Schoß: Johannes den fast zweijährigen Clemens und Marietta die drei Monate alte, besonders süße Johanna. Ich hatte die beiden schon bei Veranstaltungen getroffen, wußte aber bisher wenig über sie. Mehrere Leute hatten mir das Paar für ein Portrait empfohlen: Sie hätten bewiesen, daß ihr tiefer Glaube auch Schicksalsschlägen gewachsen sei.

Marietta ist Niederösterreicherin. 1975 geboren, wächst sie in Kottingbrunn auf. Von klein auf spielt der Glaube eine wesentliche Rolle in ihrem Leben. Auch wenn sie in der Pubertät die Moralvorstellungen der Eltern und der Kirche hinterfragt, bedeutet dies keinen Bruch in ihrem Glaubensleben. Über ihre Eltern lernt sie die charismatische Erneuerung kennen und ist von der Art, wie da Messe gefeiert wird, begeistert.

Eine Wallfahrt nach Medjugorje wird zur wichtigen Erfahrung für das Mädchen: Von da an nimmt Marietta den Glauben und ihre Verantwortung, ihn weiterzugeben, sehr ernst. Zurück von der Wallfahrt veranstaltet sie ab nun ein Morgenlob im Gymnasium in Baden. Auch wenn bei den Mitschülerinnen das Echo auf diese und andere Initiativen nicht unbedingt ihren Wunschvorstellungen entspricht, war sie damals sehr stolz darauf, das religiöse Klima in der Schule zu verändern. Nach der Matura beschließt sie, Theologie in Wien zu studieren. Vom Studium erhofft sie sich eine Bereicherung ihres Glaubenslebens - zurecht, wie mir erscheint.

Doch das Studium wird eher zu einer Herausforderung. Vieles, was ihr im Glauben selbstverständlich ist, wird kritisch zerlegt. Jetzt heißt es aufpassen, daß vor lauter Hinterfragen noch etwas von ihrem Glauben übrigbleibt. Da gestaltet sich ihr Kirchenmusiklehrgang am Diözesankonservatorium, das die musisch begabte junge Frau nebenbei absolvierte, schon unproblematischer. Den für ihr Theologiestum nötigen spirituellen Rückhalt bekommt sie im Loretto-Gebetskreis, zu dem sie eine Bekannte eines Tages mitnimmt.

Dort trifft sie auch Johannes, den jungen Burgenländer, der hier schon seit längerem seine zweite Heimat gefunden hat. Dessen erste Heimat ist Apetlon. Dort ist er aufgewachsen. Als Jugendlicher besucht er dann das Gymnasium in Neusiedl/See, um danach zum Betriebswirtschaftsstudium nach Wien zu übersiedeln. Vom Glauben ist er nicht so stark geprägt wie Marietta. Zwar besucht auch er als Kind sonntags die Messe, gibt diese Gewohnheit aber mit dem Eintritt in die Pubertät auf.

Als der Vater ihn eines Tages fragt, warum er nicht in die Kirche gehe - das gehöre sich doch -, will Johannes wissen, warum denn der Vater die Messe besuche. Die Antwort sei leider nicht einleuchtend genug gewesen, erinnert sich mein Gegenüber - und so blieb es beim Verschlafen des Sonntagvormittags nach bewegten Samstagabenden.

In Wien lebt Johannes ab 1985 in einem Studentenheim und fühlt sich unter der Woche in der anonymen Stadt recht einsam. “Ich hatte Glück, daß ich nicht irgendeiner Sekte in die Hände gefallen bin. Ich wäre ein gefundenes Fressen gewesen: junger Mann vom Land mit wenig Lebenserfahrung, einsam, suchend und offen für Begegnungen, der gespürt hat, daß in seinem Leben etwas fehlt und einiges nicht zusammenpaßt", erinnert er sich an die damalige Situation.

Der Heilige Geist aber startet in dieser Zeit gleich einen Mehrfrontenangriff auf den jungen Mann. Da gibt es zunächst einen jüngeren Freund in Apetlon, mit dem er an Wochenenden nächtelang Glaubensgespräche führt. Johannes, der rationale Skeptiker, trifft da auf einen gläubigen jungen Mann, der ihm imponiert. Und in Wien lernt er die katholische Hochschuljugend kennen. Dort fühlt er sich wohl.

Als sein Freund später auch in Wien zu studieren beginnt, lädt er Johannes ein, an “Medjugorje-Messen" teilzunehmen. Dieser ist allerdings zunächst nur am Bier interessiert, bei dem sich alle nach der Messe einfinden. Einmal schaut er sich dann doch so eine Messe an - und ist eher entsetzt. Er findet deren Gestaltung fast krankhaft übertrieben. Nichts für ihn.

Dennoch nimmt er 1989 spontan an einer Fahrt nach Medjugorje teil - und stellt dort fest, daß er auf eine wichtige Quelle gestoßen ist. Davon will er mehr. Und so freundet er sich, heimgekehrt, mit der Messe, die ihn so unangenehm berührt hatte, doch an. Und weil mittlerweile in Apetlon mehrere Jugendliche an einem intensiveren Glaubensleben interessiert sind, wird ein Gebetskreis mit 10 bis 15 Jugendlichen gegründet. Dieser findet in Wien seine Fortsetzung, als der Kreis der Apetloner Studenten hier größer wird.

Noch ist Johannes aber kein restlos überzeugter Glaubender. Tiefsitzende Blockaden lassen ihn zwischen Höhen und Tiefen schwanken, zwischen Begeisterung, Skepsis und Zweifeln. Es sind Seminare von Tomislav Ivancic, die ihm endgültig Klarheit schenken: Der Glaube, den Christus verkündet hat und den Seine Kirche seit 2000 Jahren bezeugt, beruht auf der einzig gültigen Wahrheit. Zweifel und Skepsis sind dahin.

In den folgenden Jahren werden ihn viele Erfahrungen in dieser Erkenntnis bestärken: die bewegenden Bekehrungen vieler Menschen in Medjugorje, Erlebnisse in Paray le Monial oder bei einem charismatischen Treffen in Linz. Bei einem Seminar der Charismatischen Erneuerung bietet sich die Möglichkeit einer Lebensübergabe an. “Soll ich das machen?", fragt er Jesus in der Kapelle. “Gib mir ein Zeichen!" Als er die Kapelle scheinbar ohne Antwort verlassen will, ist ihm, als würde ihm gesagt: “Setze Du einen Schritt, auch wenn er scheinbar ins Ungewisse geht, dann bin Ich am Zug."

Er ist 26 als er Jesus voll Vertrauen sein Leben übergibt. Ich glaube ihm aufs Wort, als er versichert, daß er seither keine Glaubenskrise mehr erlebt hat.

1995 trifft er Marietta im Loretto-Gebetskreis. Bei Ausflügen und Radtouren lernen sich beide näher kennen. Marietta gesteht lachend: “Ich war ziemlich schnell Feuer und Flamme. Beim Johannes hat das aber länger gedauert." Sie besuchen einen Tanzkurs und verbringen gern Zeit miteinander. Die Signale, die das verliebte Mädchen aussendet, bleiben aber ohne die erhoffte Reaktion. Ein Brief soll Klärung bringen. Und da begreift der junge Mann endlich: Da ist ein Mädchen, das ihn liebt und wissen will, woran es ist.

Auch wenn sich der Junggeselle noch nicht reif für eine weitreichende Entscheidung fühlt - er kennt auch keine Paare, die das Eheleben erstrebenswert erscheinen ließen - sind die beiden jungen Leute ab 1996 ein Liebespaar. Ihre recht unterschiedlichen Vorstellungen von Beziehung bescheren ihnen aber immer wieder Krisen.

Wie viele andere Mädchen fragt sich auch Marietta, wieso ihm seine Familie daheim, seine Arbeit und seine Freunde wichtiger sind als sie - wo er doch ihr ein und alles ist. Im Gebet versucht sie, ihren Frieden zu finden. In langen Stunden der Anbetung wird ihr die Einsicht geschenkt: Nur Gott kann wirklich erfüllend sein. Kein Mensch kann vollkommene Liebe schenken, nicht jetzt und nicht später. Eine befreiende, wichtige Erkenntnis.

Für Johannes wird es erst nach Gesprächen und Einkehrtagen bei der Schönstattbewegung - dort gewinnt er auch Einblicke in das sehr anziehende Familienleben von Jungfamilien - klar, was er will. Endlich fährt er zu Marietta und macht ihr in der Küche einen ganz unromantischen, eher unbeholfenen Antrag. Am ersten Adventsonntag wird dann im Wiener Stephansdom die Verlobung nachgeholt. Johannes steckt seiner Braut einen Ring an. Ein halbes Jahr später, im Juni, heiraten die beiden.

Marietta ist einfach glücklich: Ihre Ehe ist wunderschön. Sie arbeitet als Pastoralassistentin in der katholischen Hochschulgemeinde. Sie erzählt versonnen: “Das erste Jahr war wunderbar. Nach einem halben Jahr wurde ich schwanger. Unser Glück war perfekt. Wir haben uns beide riesig gefreut. Manchmal, in der U-Bahn, wenn andere Frauen meinen Bauch betrachtet haben, habe ich gedacht: Dieses Baby, das da in mir heranwächst, erfüllt eigentlich jetzt schon seine Aufgabe: Zeuge für das Leben zu sein."

Ein paar Wochen vor dem Geburtstermin macht das junge Paar noch Urlaub. Marietta erinnert sich: “Es ist alles so schön, dachte ich, eine Steigerung wohl nicht mehr möglich. Auf dieser Ebene ist eigentlich alles ausgeschöpft." Drei Wochen vor dem errechneten Termin spürt sie eines Tages, daß sich das Kind nicht mehr bewegt. Sie fahren ins Spital. Der Arzt stellt im Ultraschall fest, daß das Herz des Babys zu schlagen aufgehört hat. Das Kind im Mutterleib ist tot.

Ein wahnsinniger Schock . “Jesus bitte hilf uns!", denkt die verzweifelte Mutter. Da hört sie Johannes sagen: “Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen. Gelobt sei der Name des Herrn." Wenn Johannes das jetzt sagen kann, spürt Marietta, dann kann Gott sie nicht verlassen haben.

Die einfühlsame Hebamme arrangiert es, daß die beiden zunächst nach Hause fahren und die Geburt erst am folgenden Tag eingeleitet wird. Ein befreundetes Ehepaar holt die beiden ab, da Marietta ihren Mann in diesem geschockten Zustand nicht autofahren lassen möchte.

Johannes, der während des Interviews den kleinen Clemens liebevoll und umsichtig beschäftigt und beruhigt, erzählt betroffen von den schrecklichen Stunden: “Bis dahin war ich dem Kreuz nicht wirklich begegnet. Das Thema Leid und Kreuz, und daß das mit der Liebe etwas zu tun hat, hätte ich zwar mit schönen Worten beschreiben können, doch in dieser Nacht der Traurigkeit, in der wir viel gebetet haben, spürten wir beide ganz stark, wie nah Jesus am Kreuz ist. Er war zwischen uns und dem Kreuz und hat uns getragen. Er hat uns die Zuversicht geschenkt, daß unser Kind dort ist, wo es gut ist."

Den nächsten Tag beginnen sie mit der Frühmesse im Dom. Dann erst fahren sie ins Spital. Auch Eltern und Geschwister sind verständigt. Zunächst greifen die wehenfördernden Mittel nicht. Es vergeht noch eine Nacht. Johannes darf bei seiner Frau bleiben. Um 6 Uhr Früh beginnen die Wehen und 1,5 Stunden später wird das Kind, eine Tochter, tot geboren. Sie sieht wunderschön aus - als ob sie schliefe. Mitten im Schmerz, was für eine Freude: ein wunderschöner kleiner Mensch. “Obwohl es schrecklich war, so war die Begleitung der Geburt gesegnet.

Dompfarrer Toni Faber war auch ins Spital gekommen. Gemeinsam mit der versammelten Familie haben wir eine Liturgie mit Segensgebeten für das Kind gefeiert. So wußten wir uns von der Kirche mitgetragen und begleitet. Wir, unsere Eltern und Geschwister, hatten Zeit, uns von unserer kleinen Maria zu verabschieden. Auch viele Freunde haben die Geburt und unseren Schmerz im Gebet mitgetragen", erinnert sich Johannes dankbar. An diesem Tag erlebten die beiden, daß Kirche nicht nur feiernde Gemeinde ist, sondern auch im Leid auffängt und mitleidet.

Da die Geburt an sich schnell und komplikationslos verlaufen war, kann Marietta noch am selben Tag nach Hause gehen. Ihr Weg führt die beiden in die Vorabendmesse. Es ist Maria Himmelfahrt. Marietta schildert den tröstenden Fingerzeig des Himmels: “Das war irgendwie schön. Auch die Lesungen haben gepaßt. Sie waren wie für uns und unsere Maria geschaffen." Feierlich nehmen sie ein paar Tage später mit Begräbnis und Seelenmesse von der Kleinen Abschied.

Für die Reinprechts ist trotz allem Schmerz klar: In diesen Tagen wurde nicht nur ihr eigener Glaube gestärkt, sondern auch der etlicher Freunde, die ihnen das später bezeugt haben. Ich staune, als Marietta strahlend bekennt: “Da war so vieles wichtig und gut: Dieses bewußte sie in Gottes Hände Legen. Sich von ihr verabschieden, aber auch wissen, daß wir sie bei Gott wiedersehen werden und daß wir nun eine Fürsprecherin im Himmel haben. In unserem Abendgebet gibt es stets die Bitte an unsere Maria für ihre Geschwister hier auf Erden zu beten." Und Johannes unterbricht schmunzelnd: “Es hilft. Darum haben wir auch so super unkomplizierte Kinder." Währenddessen gibt sich der kleine Clemens zufrieden einer seiner Lieblingsbeschäftigungen hin: Er wühlt in des Vaters Haaren, der das sichtlich gerne mit sich geschehen läßt.

Nach der Totgeburt geht Marietta nicht mehr arbeiten. Das folgende Jahr, das sie besonders dem Gebet widmet, empfindet sie im Rückblick als Gnadenjahr. Es entsteht eine tiefe Gottesbeziehung. “Niemand kann mir diese intensive Zeit mit Gott mehr nehmen", lächelt sie. Vier Monate später wird sie wieder schwanger. Ein Jahr nach dem Tod der Tochter kommt der kleine Clemens zur Welt.

Nun erlebt sie - wie alle jungen Mütter -, was es heißt, ein Baby zu betreuen: wunderschön, aber auch ganz schön anstrengend. Am Abend ist sie oft völlig erschöpft. “Dem Johannes dann noch die Aufmerksamkeit schenken, die er gebraucht hat, war nicht einfach", meint sie ein wenig schuldbewußt. Johannes unterbricht: “Auch ich mußte lernen, dir den Anteil an Aufmerksamkeit und Zuhören zukommen zu lassen, den du nach einem Tag mit dem Baby gebraucht hast." Es tut gut, den beiden bei ihren Erinnerungen und gegenseitigen Beteuerungen zuzuhören.

Clemens ist wohl noch kein Jahr alt, als feststeht, daß Johanna Agnes Maria unterwegs ist. Alles läuft gut.

Für Johannes ist die Geburt der Tochter ein Anlaß seine Situation zu überdenken: “In meiner 10jährigen Berufstätigkeit - bei verschiedenen Banken, zuletzt in einer vertriebsnahen Funktion - hatte ich oft den Eindruck, ein Getriebener zu sein. Meine Arbeit war interessant und vielfältig, aber es blieb der Eindruck, daß neben dem fordernden Job wenig Zeit für anderes geblieben ist. Johannas Geburt war ein guter Anlaß, mich für ein Karenzjahr zu entscheiden, wo ich mehr Zeit für Familie, Gott und für meine eigene Persönlichkeitsentwicklung haben würde." Erfreulich: Vorgesetzte und Kollegen haben den Entschluß mit Respekt zur Kenntnis genommen.

Johannes ist überzeugt, daß dieses Jahr ein Investment mit großer Rendite sein wird, um im Bankjargon zu sprechen. Dabei ist es gerade vom Finanziellen her sicher kein leichter Schritt, denn es bedeutet ein Jahr ohne Arbeitseinkommen, da auch Marietta das Jahr mit Mann und Kindern genießen möchte und nicht arbeiten geht. Auch Arbeitslosengeld gibt es keines. Das Einkommen der Familie wird sich auf Kinderbeihilfen und Kindergeld für Johanna beschränken.

Sechs Wochen Karenz sind nun vorbei und Clemens genießt es, den Vater so viel für sich zu haben. Dieser wiederum - er hatte sich jeden Tag in der Früh nur mit Mühe von seinem Sohn verabschiedet - ist glücklich, nun eine intensivere Beziehung zu den Kindern aufbauen zu können.

Ich frage die beiden nach dem Tagesablauf in diesem Jahr und staune über die Antwort. Der Tag wird vom Gebet bestimmt: Laudes, Mittagsgebet, Hl. Messe und Abendgebet in der Familie. Und damit nach einem Jahr bei den Kindern kein Schock auftritt, wenn der Vater wieder ins Büro muß, gibt es auch jetzt geregelte Arbeitszeiten: Gleich neben dem Haus, in dem die Jungfamilie derzeit bei der Gemeinschaft Immaculata im Christköngiskloster untergebracht ist, steht ein kleines Haus, das ihnen der Trinitarier-Orden sehr günstig zur Verfügung gestellt hat, das aber dringend renoviert werden muß. Und daran arbeitet der junge Vater mit hilfesbereiten Verwandten. Auch bei der Gemeinschaft wird es immer wieder Arbeit zum Zupacken geben. Ich glaube Johannes gern, daß er all diese Arbeiten gerne tut. Was für ein unglaublicher Segen, dass sich diese Wohnmöglichkeit für die Reinprechts hier aufgetan hat. Und noch etwas: Die beiden hatten sich gewünscht, in unmittelbarer Nähe einer Kapelle zu wohnen. Und auch das hat sich hier ergeben.

Wir kommen auf die Bedeutung des Glaubens für ihr Eheleben zu sprechen. “Unsere Ehe kann man nicht vom Glauben getrennt betrachten", stellt Johannes fest. “Wir haben ja Gott im Sakrament der Ehe in unsere Beziehung eingeladen, hereingeholt." Und Marietta fügt hinzu: “Ich weiß, daß ich Johannes mit meiner Liebe nicht gerecht werden kann. Nur Gott kann mir Seine Liebe für Johannes schenken." Natürlich haben auch die beiden immer wieder Schwierigkeiten und Krisen in der Ehe. Doch auch da hilft der Glaube: “Wir müssen diese Zeiten nicht allein bewältigen, dürfen darauf vertrauen - und erleben es ja ständig -, daß Gott uns hilft. Die gemeinsamen Gebetszeiten - sie sind noch ausbaufähig, weil das Beten durch das Renovieren noch zu kurz kommt - sind da sehr wichtig", erklärt Johannes.

Dann erzählt er, was ihm P. Etienne von den Johannes-Brüdern in Marchegg - dieser hat die beiden getraut - ihm geraten hat: “Wenn du deiner Frau gegenüber sitzt, frag dich, ob du sie so siehst und liebst, wie sie wirklich ist, wie Gott sie nach Seinem Ebenbild geschaffen hat - oder ob du nur das Bild liebst, das du dir von ihr gemacht hast und das nur in deinem Kopf existiert."

Johannes lächelt und schaut auf Marietta: “Das war befreiend. Da wurde mir klar, daß ich sie nicht auf das einschränken darf, was ich zu erkennen meine und daß ich unendlich lange an ihr etwas zu entdecken habe. Wenn Marietta ein Geheimnis Gottes ist, eröffnet das die Perspektive der Unendlichkeit." Verschmitzt fügt er hinzu: “So werde ich ihrer nie überdrüssig. Früher hatte ich immer befürchtet, daß dies in der Ehe passiert. Wenn ich Marietta anschaue, finde ich sie immer faszinierender. Ja ich bin richtig entzückt bei ihrem Anblick."

Daß Ehe immer schöner wird, davon sind beide überzeugt. Und noch etwas erfahren sie: Eins werden mit dem Ehepartner, mit Leib und Seele, lebt aus einer Grundhaltung, die im Gebet gepflegt wird und bei der es stets um den anderen geht. So kann Hingabe mehr und mehr wachsen.

Zum Schluß noch ein Bild, das beiden gefällt und das sie bei einem Vortrag gehört haben: Die Ehe sei mit der Entwicklung des Menschen zu vergleichen. Anfangs ist sie im Babystadium. Die nächsten sechs Jahre sind das Volkschulalter. Da gilt es, viel zu lernen. Nach 15 bis 20 Jahren ist hoffentlich die schwierige Phase der Pubertät überwunden. Nach 30 Jahren ist die Ehe reif, in voller Blüte, es wird immer schöner - was ich übrigens nach 36 Ehejahren bestätigen kann. Johannes und Mariettas Ehe ist demnach noch im Volksschulalter, aber ich habe selten so eifrige und begabte Volksschüler gesehen.

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