VISION 20003/2010
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Immer weiter, frisch und heiter

Artikel drucken Andreas Hornig, Pfarrer in Oberwaltersdorf und Gefängnisseelsorger in Hirtenberg (Von Alexa Gaspari)

 

Auf dem Weg nach Oberwaltersdorf zu Pfarrer Andreas Hornig weiß ich mit Sicherheit, daß wir beim Interview auch viel lachen werden. Schon als ich ihm mein „Attentat“ telefonisch ankündige, löst das bei ihm große Heiterkeit aus: „Da werden sich einige freuen, mich zu sehen!” Er meint damit wohl jene, die seine direkte Art, gelegen oder ungelegen den Glauben zu verkünden, nicht schätzen. Er nimmt das mit Humor und bleibt unbeirrt bei seinem prophetischen Auftrag, den er mit fast ungebremster Energie – sie ist ansteckend, wie sein Lachen – verwirklicht. Er lebt nach Don Boscos Wahlspruch: „Immer weiter, frisch und heiter, fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.“ Als er mich am Telefon fragt, ob er mir den priesterlichen Segen geben darf, freu ich mich, und fühle mich behütet. Kaum angelangt, kommt er mir schon entgegen: „Machen wir das Interview im Auto? Ich muß nach Baden zu einem Sterbenden!“ Das hat natürlich Vorrang. Doch dann ist doch ein anderer Priester schon unterwegs und wir können im Pfarrhaus den köstlichen Tee genießen, den uns seine Mitarbeiterin zubereitet hat.
Nun kann ich ein wenig mehr aus seinem Leben erfahren: Geboren 1956 in Graz, studiert er nach der Matura Betriebswirtschaft, denn die Eltern besitzen einen Lebensmittelgroßhandel und eine bekannte Kaffee?rösterei, in die er nach dem Studium eintritt. Im Rückblick meint er: „Die Familie war Gott sei Dank intakt – was nicht jedem vergönnt ist – und bürgerlich katholisch: Wir sind sonntags als Familie in die Messe gegangen, waren aber nicht superfromm, hatten auch keine besondere Verbindung zur Pfarre.“ Daß Geld zu verdienen allein nicht glücklich macht, sobald die Grundbedürfnisse gedeckt sind, stellt der junge Mann bald fest. „An der Frage nach dem Sinn des Lebens war ich, seit ich selbständig zu denken begonnen habe, sehr interessiert.“
Mit 20 macht er bei einer Reise auf den Berg Athos, dem Zentrum der orthodoxen Christenheit, mit. Die Erfahrungen, die er in den 20 Klöstern, die sie zu Fuß besuchen, macht, beeindrucken ihn stark: „Ab da habe ich mich mit dem Glauben befaßt“ – und zwar so intensiv, daß er nach drei Jahren im elterlichen Betrieb, den er schätzt und interessant findet, mit 27 überlegt, Priester zu werden, um sich ganz in den Dienst Gottes zu stellen. Denn „bei der Arbeit in der Firma hätte ich nie die volle Erfüllung finden können. Für meine Eltern war das sicherlich ein großes Opfer. Doch die Firma gibt es heute noch und wird von meinem Bruder geleitet.“
Der junge Andreas geht nach Salzburg und tritt ins Priesterseminar ein. Statt heile Welt vorzufinden, stößt er auf große Unstimmigkeiten: „Die Kirchenkrise, die heute an vielen Orten ersichtlich ist, war damals schon in den Seminaren spürbar. Für jeden Neu?ankömmling ein Schock. Die Folge: Verbitterung, Abkehr vom Glauben, Abstürze oder so große seelische Probleme, daß manche regelrecht eine psychiatrische Behandlung brauchten.“
Er hat das Glück, gute Priester kennenzulernen, die ihn über die schwierige Zeit hinwegführen. Sichtlich in Sorge um die jungen Leute, die eine Berufung zum Priester in sich spüren, betont er: „Man muß sich gut überlegen, in welches Priesterseminar man eintritt und wer dort lehrt. Außerdem muß man sich gute geistige Bergführer suchen.“ Im Nachhinein ist er froh, daß er damals schon 27 war und einige Le?bens?er?fah?rung mitbrachte, die ihm eine bessere Unterscheidung ermöglichte. Seiner Ansicht nach sind sich die kirchlichen Verantwortlichen zu wenig bewußt, welch große Verantwortung sie den jungen Leuten gegenüber haben: Wer bildet aus, wie sind die Ausbildungs- und Lehrpläne in den Seminaren und Fakultäten? All das gehört überprüft. „Beim Militär achtet man auch darauf, daß die Rekruten nicht verheizt und sofort abgeknallt werden…“ Das Telefon läutet und sofort ist er ganz für den Anrufer da, der natürlich ebenfalls einen Segen bekommt…
Auf Wunsch des Bischofs wird er während seiner Priesterausbildung zwei Jahre Erzieher in Tanzenberg. Eigentlich fühlt er sich überfordert, macht aber die Erfahrung, daß Gott ihn nicht in Stich läßt, wenn er Ihn um Hilfe bittet. „Dann können Gnaden fließen, die man nicht für möglich gehalten hätte,“ bekennt er dankbar. Offenbar war das Klima in Tanzenberg so gut, daß er heute noch mit manchen, der damals 15jährigen Burschen, in Verbindung ist. „Das war eine gewaltige Glaubenserfahrung, die mir auch die Kraft gegeben hat, meinen Weg weiterzugehen.“
Dieser führt ihn nach Wien, wo er am 24. Juni 1991 um 17 Uhr zum Priester geweiht wird. Bewegt erinnert er sich: „Hw. Prof. Josef Zulehner, mein tieffrommer hochintelligenter Freund, Leiter des Rosenkranzsühnekreuzzuges in Oberösterreich, hat mich später darauf aufmerksam gemacht, daß ich auf die Stunde genau 10 Jahre nach der ersten Erscheinung in Medjugorje zum Priester geweiht wurde.“
Nach seiner Weihe wirkt er drei Jahre als Kaplan in Ober St. Veit. Es folgen zwei Jahre als Kaplan in Ternitz, eine dem Glauben eher fernstehende Industriegemeinde. Mit großer Hochachtung spricht er vom damaligen Pfarrer, der die Gemeinde sehr positiv und nachhaltig verändert hat. Vier gute Priester seien aus der Pfarre hervorgegangen. „Da sieht man, daß Gottverbundenheit entscheidend ist. Ohne sie nützt alles nichts.“ Lächelnd fügt er hinzu: „Ich habe viel in dieser Zeit gelernt, auch wenn ich mit dem Pfarrer nicht immer einer Meinung war.“
Nach der Zeit in Ternitz möchte er selbständig werden. Um leichter den Vater in Graz besuchen zu können – die Mutter war schon verstorben –, wünscht er sich eine Pfarre in Südautobahnnähe. Und so kommt er 1996 nach Oberwaltersdorf. Eine Pensionistin und ein Pensionist sind ihm bald eine große Hilfe. Außerdem kommt seine Schwester – ich habe sie schon vor Jahren kennengelernt – regelmäßig, um die Pfarrbuchhaltung zu machen.
Für all diese Hilfe ist er sehr dankbar denn: „Von der Kirchensteuer bleibt ja nicht viel für die Pfarren übrig. Hätte ich nicht freiwillige Helfer, könnte ich mir weder einen Messner, noch eine Sekretärin leisten.“ Unwillkürlich denke ich, daß er die finanziellen Probleme, mit denen er jetzt als Pfarrer kämpft, nicht hätte, wäre er in der erfolgreichen elterlichen Firma geblieben.
Zurück zur Pfarre: „Wie geht es dir da?“, frage ich. Er lächelt: „Das ganze Gebiet hier ist, was den Glauben betrifft, noch sehr ausbaufähig.“ Und er erzählt: „Das Schloß, das jetzt Frank Stronach gehört und Sitz der Magna-Zentrale ist, war früher Sitz der Grafen Trauttmannsdorff. Später siedelten sich Textilindustrielle an. Die Pfarre wurde von der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts sehr geprägt, eine klassische Industrieviertelpfarre. Hier war der Austromarxismus sehr ausgeprägt.“ Heute gäbe es sehr viel Zuzug aus Wien. Die Bevölkerung hat sich in den letzten 15 Jahren auf 5.000 Seelen verdoppelt. Der Kirchenbesuch entspreche Wiener Verhältnissen. „Dazu kommt, daß eine gewisse negative Belastung in dieser Gegend aus der Vergangenheit herrührt: Schon zur Zeit der Monarchie und auch im 2. Weltkrieg standen nördlich von Wr. Neustadt große Munitionsfabriken. Wieviele Menschen sind wohl durch die in der Gegend hergestellte Munition ins Jenseits befördert worden! Ich bete bewußt für diese Menschen. Wir müssen darum beten, daß das Minus der Vergangenheit in ein Plus für die Gegenwart umgewandelt wird.“
Pfarrer Hornig will aber auch das Positive sehen: „Der Vorteil hier: Es gibt so gut wie kein laues Traditionschristentum. Die Christen hier sind echte Christen.“ Viele helfen ehrenamtlich mit, auch solche, von denen man es nicht erwarten würde: „Es gibt eine Bevölkerungsschicht, die zwar eine Aversion gegen die Institution Kirche hat, also in keine Kirche hineingeht, aber Gott sucht und in praktischen Dingen bereit ist, großzügig zu helfen: Als wir eine Kirchenuhr – die gab es vorher nicht – kaufen wollten, hat die Bürgermeisterin ein allgemeines Kochen veranstaltet und den Reinerlös für die Uhr bestimmt. Oder: Ein Unternehmer hat uns gratis das halbe Pfarrhaus hergerichtet und dreimal die Kirche ausgemalt. Er renoviert jetzt den Kirchturm und sagt: ,Wenn ich euch helfe, spüre ich, daß das Gott gefällt – und ich bekomme dann wieder einen Auftrag.’ Ein anderer mäht mir gratis den Rasen. Das sind alles schöne Erfahrungen, die aufbauen.“
Und er fährt fort: „Das allerwichtigste ist aber das Gebet. Daher ist die Kirche immer offen. Entgegen aller Vermutungen ist noch nie etwas gestohlen worden. Es gibt jeden Tag eine Hl. Messe. Ich habe keinen liturgiefreien Tag. Das ist für meinen persönlichen Glaubensweg sehr wichtig. Auch wenn nur wenige kommen, Jesus hat ja nicht gesagt, wo 2.000 oder 3.000 in meinem Namen beisammen sind, da bin Ich mitten unter ihnen, sondern es genügen zwei, drei.“ Neben den Gottesdiensten, Taufen, Begräbnissen, gehört auch der Religionsunterricht in den Erstkommunionsklassen zu seinen Aufgaben, worüber er besonders froh ist. Mit den Lehrern gäbe es eine gute Zusammenarbeit, höre ich.
Unverständlich ist ihm allerdings folgendes: „Nach offizieller Aussage widerspricht es den Weisungen der Bischofskonferenz, die Kinder im Religionsunterricht auf die Erstkommunion vorzubereiten! Das hat schlimme Folgen für die religiöse Bildung der Kinder. Das sollten die Leute wissen. Wie sollen die Kinder dann zu ihrem Wissen kommen, wenn einmal die Ganztagsschule eingeführt ist und sie kaum mehr zusätzlich zum Pfarrunterricht zu motivieren sein werden? Bei den schwierigen Zeiten, die auf uns zukommen, wie sollen sie ohne Glaubensfundament bestehen? Man sieht doch jetzt schon wie viele seelisch kaputt gehen!“
Seine gute Laune kehrt zurück, als er mir von den „Kampfbetern” erzählt, wie er sie nennt: „Sie beten täglich den Rosenkranz. Eine andere Gebetsgruppe, einige Damen und Herren, die nicht alle aus unserer Pfarre sind, hat angefragt, ob sie einmal in der Woche bei uns Nachtanbetung halten könnten. Aus praktischen Gründen – dort ist immer geheizt – haben wir den Kindergarten als Ort gewählt. Ein Altar wird aufgebaut und ich setze das Allerheiligste aus. Einige beten bis 22 Uhr und zwei oder drei bis halb 6 Uhr früh! Ein Riesengeschenk für Pfarre und Kindergarten,“ strahlt der Pfarrer. „Dadurch ist im Kindergarten ein sehr harmonisches Klima, vor allem unter den 14 Mitarbeiterinnen. Auch unter den Kindern, die aus verschiedensten sozialen Schichten kommen – manche sind Moslems – klappt alles wunderbar.“
Der Kindergarten wird von Kirche und Staat gemeinsam betrieben: „Das dürfte im ganzen deutschen Sprachraum der einzige sein, wo Staat und Kirche in dieser Weise zusammenarbeiten. Nun wird ihn aber das Land übernehmen. Der Bürgermeister hat versprochen, den Namen: ,Sr. Restituta Kindergarten’ beizubehalten.“ Die schönen Bilder von Sr. Restituta – Insassen der Strafanstalt Hirtenberg haben sie gezeichnet und gemalt – werden hoffentlich hängenbleiben. So werden die Kinder weiterhin unter ihren Fittichen heranwachsen und spielen. Dazu bemerkt der Pfarrer und er lacht herzlich: „Schwester Restituta hat mit diesen Bildern hier sicher viel mehr Freude als mit ihrer Büste, die im Wr. Stephansdom hängt.“
Jeden Tag geht der Pfarrer durch alle Gruppen des Kindergartens und betet mit den rund 170 Kindern das Schutzengelgebet. Ich habe erlebt, wie eifrig und andächtig – aber mit sehr unterschiedlichem Erfolg beim Kreuzzeichenmachen – die herzigen Kleinen mitgebetet haben. Zurecht meint der Pfarrer: „Auch durch dieses Gebet wird das Betriebsklima positiv beeinflußt und das Miteinander der Kulturen und sozialen Schichten gefördert.“ Der Zukunft des Kindergartens sieht er voll Gottvertrauen – eines seiner hervorstechenden Merkmale – entgegen: „ Wie das hier weitergehen wird, liegt in Gottes Hand. Ich denke, daß ich die letzten 14 Jahre gut genützt habe. Und: Was man getan hat, das kann einem niemand mehr wegnehmen.“
Ein wichtiger Teil der Arbeit des Pfarrers ist die Gefängnisseelsorge in der Strafanstalt Hirtenberg. Wegen einer Messe in Münchendorf, einer Außenstelle des Gefängnisses mit 30 Insassen, müssen wir auch das Interview unterbrechen.
Der Pfarrer geht zum Telefon, ruft bei der zuständigen Stelle im Gefängnis an: „Hier Pfarrer Hornig, darf ich heute wieder Messe feiern?“ Es wird ihm erlaubt und er greift nach seinem Koffer mit allem, was er für die Messe braucht, den „James-Bond-Koffer“, wie er das nennt. „Also treffen wir uns morgen wieder,“ heißt es zum Abschied.
Am nächsten Tag in der Früh knüpfen wir wieder bei der Gefangenenseelsorge an. Wie hat das eigentlich begonnen? „Ich bin wie viele andere auch ins Gefängnis ,hineingerutscht’.“ Vor Jahren schon hatte er ab und zu als Seel?sorger im Frauengefängnis in Schwarzau ausgeholfen, später ist er öfter in Hirtenberg eingesprungen: „Der Mitbruder, der die Messen gelesen hatte, ist dann aus Altersgründen ausgefallen. Da habe ich, um es ein wenig pathetisch zu sagen, den Auftrag Gottes gespürt, den Dienst, im Jahr 2000, zu übernehmen.“
450 Insassen hat das Gefängnis. Die dort Inhaftierten müssen bis zu 10 Jahre absitzen: Raub, Einbruch, Banküberfall, Drogen… 60% Österreicher, 40% Ausländer. Der Pfarrer lächelt: „Dort kann man Sprachen lernen, ein Ort der Begegnung verschiedenster Nationen. Von der Mongolei bis Chile ist alles vertreten. Seelsorglich für mich eine gute Herausforderung und eine ideale Ergänzung zur Pfarre. Das Schöne: Ich muß dort nichts renovieren, das macht alles die Justiz. Es gibt keine Sitzungen, auch wenn viele dort sitzen, keine Bürokratie: Ich darf einfach Seelsorger sein.“ Wieder ein Anruf. Auch er bekommt am Ende des Gesprächs einen Segen durchs Telefon geschickt.
Dann fährt Pfarrer Andreas humorvoll fort: „Ich sehe das Gefängnis von Hirtenberg als Sühnekloster mit strengen Ordensregeln und strenger Klausur. Die Justiz ist der Regens, ich bin sozusagen der Spiritual. Der Gehorsam wird dort sicher mehr beachtet als in vielen Klöstern. Novizen haben wir jede Menge und das Ganze kostet die Kirche nichts. Es kommt nur auf die Wandlung an, und dazu bedarf es des Gebetes, auch der Leserinnen und Leser der VISION, denn ohne unsere Beterfreunde ist kein Arbeiten möglich.“
Die Jahre im Gefängnis seien nur dann sinnvoll, wenn die Insassen sie wie die Zeit in einem Kloster nützen. Denn: „Sonst sind es verlorene Jahre. Wenn ich aber Gott im Gefängnis finde, so war die Zeit dort absolut nicht umsonst. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit meinen Mitarbeitern, so gut es geht und mit Gottes Hilfe, aus linken Schächern rechte Schächer zu machen. Wir dürfen ja nicht vergessen, daß Dismas, der rechte Schächer, der erste Heilige war, zu dem Jesus gesagt hat: Heute noch wirst du bei mir im Paradies sein.“
Jeden Sonntag um 7 Uhr Früh gibt es eine Messe. Alle 14 Tage steht er den Insassen einen Nachmittag lang für Aussprachen zur Verfügung. „Wenn ich den beendet habe, habe ich sooo einen Kopf, eine große Last, die ich mit mir trage, hinaus aus dem Gefängnis. Der Oberst, mein Vorgesetzter im Gefängnis, bestätigt, daß die Leute dann besser mit ihrer Situation zurechtkommen, wenn sie diese aus der religiösen Warte betrachten können.“
Zehn ehrenamtliche Mitarbeiter – darunter auch evangelikale, die offen sind für die Zusammenarbeit mit Katholiken – helfen bei der Glaubensverkündigung im Gefängnis: „Einer, ein ehemaliger Justizbeamter aus Kärnten, vermittelt Gefangenenhilfe. Für seine Hilfe, seine Pakete und berührenden Ansprachen wird er heiß geliebt. Hier in Hirtenberg bieten wir eine Bibelschule und bisher 15 Alpha-Kurse, also Glaubenskurse, mit jeweils 30 Teilnehmern an. Mehr wird aus Sicherheitsgründen von der Justiz nicht gestattet. Für die Kurse gibt es stets Wartelisten. Geleitet werden sie von einem Mitchristen der Heilsarmee, doch auch ich bringe mich immer wieder ein.“
„Das ist gelebte Ökumene, was wir hier erleben,“ erklärt mir Andreas Hornig. „Durch das Gebet und die missionarischen Aktivitäten funktioniert das Miteinander wesentlich besser.“ Das strahlt wohl auch auf die Insassen aus. Denn jeden Sonntag kommen bis zu 30 Häftlinge zur Messe. „Der Prozentsatz ist also höher als in der Pfarre,“ lacht er.
Da fällt mir die Messe gestern in Münchendorf ein. Wieviele der 30 Insassen seien denn gekommen? Der Pfarrer strahlt: „Gestern waren es drei, also 10%. Wie gesagt, mehr als in der Pfarre.“ Und ernster: „Auch wenn nur zwei oder drei kommen, macht das nichts: Ich glaube an die Wirksamkeit des Meßopfers: Jesus kann wirksam werden, eine enorme Segenskraft entwickelt sich. Das ist wichtig für die Anstalt. Die Offenheit, das Interesse an religiösen Fragen ist unter Gefangenen im allgemeinen größer als heraußen. Sie stehen ja auch vor einem Scherbenhaufen. Wir hatten schon etliche Taufen und Firmungen. ”
Immer bereit das Gute und alle positiven Anlagen die in jedem Menschen stecken hervorzuheben erzählt er von den vielen Kunstwerken, die die Männer für Pfarrer und Pfarre hergestellt haben: „Unter den Häftlingen gibt es sehr interessante und beruflich qualifizierte Leute, etwa ein serbischer ,Mitbruder’ – wie ich sage -: ein Künstler, der wunderbare Portraitzeichnungen gemacht und für die Kirche einige Heiligenbilder gemalt hat. Ein inhaftierter Steinmetz hat für unseren Kindergarten eine schöne Marienstatue in einer kleinen Grotte gemacht, Sie wacht nun über die Kinder. Kirchenleuchter und Holzschnittarbeiten sind weitere Arbeiten von Gefangenen.“ Eine schöne Holzschnittarbeit, einen Christuskopf, bekam ich zu meiner Freude für unsere Redaktion geschenkt. „Für unsere Pfarrangehörigen ist es wichtig zu sehen, daß unsere ,Hirtenberger’ bereit sind, wertvolle Beiträge für die Gesellschaft zu leisten,“ überlegt der Hornig.
Pfarrer Andreas’ Vorbilder sind Menschen wie die Mutter-Teresa-Schwestern. „Sie leben ein authentisches Christentum vor. Bei ihnen spürt man, daß der Glaube sich im Leben auswirkt.“ Jedesmal wenn er ihnen von Pfarrangehörigen gespendete Kleider vorbeibringt, kommt er aufgebaut heim: „Das brauche ich genauso wie die Verbindung mit unseren Beterfreunden. Sonst könnten wir nicht überleben.“
Pfarrer Hornig hält sich im übrigen an das Vorbild des Pfarrers von Ars: „Ein Mann des Gebetes und des absoluten Gottvertrauens. „Seine „Methode“ ist die einzige, die wirklich erfolgreich ist.” Jeder möge an seinem Platz versuchen, den ihm Anvertrauten Jesus zu bringen: „Ich denke ich habe vom lieben Gott den Auftrag bekommen in der Pfarre, besonders auch im Kindergarten und im Gefängnis zu sein. Das ist mein Platz. Das versuche ich ernst zu nehmen. Es ist jeden Tag eine Herausforderung. Jeder, der mir begegnet, ist mir von Gott geschickt. Sicher bin ich nicht immer so geduldig und freundlich, wie ich sein sollte, aber ich denke Gott möchte, daß ich mich um jeden dieser Menschen besonders kümmere.“ Und ich bin sicher: Wer bei ihm strandet, kann damit rechnen, daß er sein Möglichstes .tun wird, um zu helfen
 

 

 

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