VISION 20002/2015
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Der heilige Johannes Don Bosco

Artikel drucken Botschaft an uns (Von Christoph Hurnaus)

Am 16. August dieses Jahres jährt sich der Geburtstag des großen italienischen Jugendapostels Don Bosco zum 200. Mal. Giovanni Bosco wird als drittes Kind einer armen Bauernfamilie in dem Dorf Becchi bei Castelnuovo d’Asti in der Nähe von Turin geboren. Turin, die Stadt, in der Don Bosco später wirken sollte, gehört damals zum Königreich Sardinien-Piemont. Die Geburt des kleinen Giovanni fällt in die Zeit der „Restauration“, die nach 1847 vom „Risorgimento“, den italienischen Einigungsbestrebungen, abgelöst wird. Es ist eine unruhige Zeit: Der katholischen Kirche bläst damals ein rauer Wind entgegen. So fällt etwa in Don Boscos Lebenszeit die Auflösung des Kirchenstaates.
Zwei Jahre nach Giovannis Geburt stirbt sein Vater, Francesco Bosco, an einer Lungenentzündung. Von nun an muss die 29-jährige Witwe Margarita allein für ihre drei Buben, von denen Giovanni der jüngste ist, sorgen. Sie ist eine starke Frau, die ihre Kinder mit Milde und Festigkeit erzieht und ihnen Gott als liebenden Vater vorstellt. Giovanni ist ein sehr lebendiges Kind, das gerne herumtobt und spielt. Er ist der wagemutigste von allen, ein begeisterter Seiltänzer und Kletterer.
Mit neun Jahren hat er einen prophetischen Traum, der für sein späteres Leben von großer Bedeutung sein wird: Er befindet sich in einer Schar spielender Jungen, die raufen und fluchen. Der kleine Giovanni stürzt sich auf die schreiende Schar, um sie mit Schlägen zum Schweigen zu bringen. In diesem Moment erscheint ein vornehm gekleideter Herr, der ihn anweist, die Jungen nicht mit Schlägen, sondern mit Güte und Liebe als Freunde zu gewinnen.
Der Herr verspricht Giovanni, ihm eine Lehrmeisterin zu senden, unter deren Führung er weise werden würde. Als ihm dann die Muttergottes erscheint, sind alle Jungen verschwunden. An ihrer Stelle sieht Don Bosco Ziegen, Hunde, Katzen, Bären und andere Tiere. Doch plötzlich erblickt er anstelle der wilden Tiere sanfte Lämmer, die um den Herrn und die schöne Frau herumspringen und blöken. Da hört er die schöne Frau sprechen: „Werde demütig, tüchtig und stark, und was du jetzt an diesen Tieren geschehen siehst, das sollst du für meine Kinder tun.“
Doch bevor sich die Sendung Don Boscos erfüllt, wird Giovanni noch hart geprüft. Mit zwölf Jahren muss er wegen Streitigkeiten mit seinem Bruder Antonio das Haus verlassen und sich als Jungknecht auf dem Hof der Familie Moglia sein Brot verdienen. Zwei Jahre später aber wird Giovanni von dem Priester Don Calosso, der ihn stark prägen sollte, unterrichtet  und erst mit 15 Jahren kann er die Volksschule in Catelnuovo besuchen. Als er später aufs Gymnasium wechselt, muss er sich abends seinen Lebensunterhalt als Kellner verdienen.
Schier unüberwindbare Hürden stellen sich in jenen Jahren dem jungen Giovanni in den Weg. Mit 20 kann er endlich ins Priesterseminar von Chieri eintreten, wo er zur Leitfigur für seine Klassenkameraden wird. Er gründet den „Klub der Fröhlichen“, eine Art Verein, dessen Mitglieder sich verpflichten, ein vorbildliches christliches Leben zu führen. „Fröhlichkeit“ wird auch später seine Pädagogik prägen, ja zu einer fixen Idee Don Boscos werden.
Am 5. Juni 1841 wird Giovanni Bosco 26-jährig in Turin zum Priester geweiht. Von nun an spricht man ihn unter dem Namen „Don Bosco“ an. In dieser Zeit macht er Bekanntschaft mit Don Giuseppe Cafasso, den die Turiner den „Galgenpriester“ nennen, weil er in die Gefängnisse geht, um den Gefangenen Beistand zu leisten, einigen von ihnen sogar bis zu ihrer Hinrichtung am Galgen. Dieser Don Cafasso wird zu Don Boscos geistlichem Führer.
Die Situation der Kinder und Jugendlichen, die der junge Priester in den Gefängnissen und auf den Straßen Turins antrifft, ist katastrophal. Und so reift in Don Bosco der Gedanke, diesen Jungen beizustehen, sie als Freunde zu gewinnen. Zur Geburtsstunde des salesianischen Jugendwerkes wird dann die Begegnung mit dem Maurerlehrling Bartolomeo Garelli in der Sakristei der Franziskus-Kirche von Turin. Gerade als Don Bosco seine Mess­ge­wänder anzieht, schlägt der Mes­ner Comotti den 16-jäh­rigen Burschen, der sich in die Sakristei verirrt hatte. Dieses verängstigten Maurerlehrlings wird sich Don Bosco annehmen und ihm Katechismusunterricht geben. Das erste Gespräch mit dem Jungen – er beendet es kniend mit einem „Ave Maria“ – ist eigentlich der Startschuss für sein großes Jugendwerk.
Bald kommen weitere Jugendliche nach Turin, die meisten von ihnen von den ärmlichen Landgegenden zugezogen, um sich dort als Tagelöhner ihr Brot zu verdienen. Diese Straßenjugend ist eine der negativen Begleiterscheinungen der gerade beginnenden industriellen Revolution. Mit diesen alleingelassenen Jugendlichen beginnt Don Bosco sein erstes „Oratorium.“
Don Cafasso macht den jungen Priester auch mit Gräfin Barolo bekannt, die ein Heim für ehemalige Prostituierte und aus der Haft entlassene Frauen gegründet hat. Für sie arbeitet er nun als Seelsorger und versammelt Sonntag für Sonntag seine Jugendlichen zum „Sonntagsoratorium“: Er feiert die Heilige Messe, hält Katechesen, sitzt stundenlang im Beichtstuhl und macht am Nachmittag lange Spaziergänge und Spiele mit seinen Buben. Die Kunde von dem außergewöhnlichen Priester verbreitet sich in der ganzen Stadt. Immer mehr Jungen laufen ihm zu.
Das schafft aber auch Probleme. Immer wieder wird Don Bosco der Ruhestörung angeklagt und vertrieben. Er muss ständig neue Orte für sein „Oratorium“ suchen. So entsteht für einige Jahre ein Wanderoratorium, bis der Priester schließlich im Turiner Stadtteil Valdocco in einem Schuppen eine feste Bleibe findet. Zum Osterfest 1846 wird das Haus Pinardi eingeweiht, für seine Jungen ein Osterfest, das sie nie vergessen werden.
Kurz darauf zwingt jedoch eine schwere Krankheit Don Bosco, sich für einige Monate zurückzuziehen. Nach seiner Genesung steht sein Entschluss fest: Bis an sein Lebensende will er sich ganz dem Dienst an verlassenen Jugendlichen widmen. So beginnt er in Valdocco mit der Errichtung von Lehrwerkstätten für Schuster, Schneider, Tischler und Drucker. Seine Mutter folgt ihm dorthin und wird für einige Jahre zu einer wichtigen Stütze für das Werk. Sie kocht für die Schützlinge ihres Sohnes und verbringt ganze Nächte damit, die Kleider und Schuhe der Jungen zu reparieren.
Schon 1844 hatte die Muttergottes Don Bosco in einem Traum ein Feld gezeigt, auf dem er eine Kirche bauen sollte. Nach deren Fertigstellung gibt er, der große Marienverehrer, ihr den Namen „Maria Hilfe der Christen“. Sie wird zur Mutterkirche der Kongregation.
Nach einer Audienz bei Papst Pius IX. gründet Don Bosco nämlich am 18. Dezember 1859 die „Gesellschaft des heiligen Franz von Sales“. Drei Jahre später legen die ersten 22 Salesianer ihre Gelübde ab. 1872 gründet er zusammen mit Maria Domenica Maz­zarello die „Töchter Mariä Hilfe der Christen“, heute Don Bosco Schwestern genannt. Das salesianische Werk breitet sich rasant aus. 1875 gehen sogar die ersten Salesianer in die Missionsgebiete Südamerikas.
Als Don Bosco am 31. Jänner 1888 in Turin stirbt, hinterlässt er ein großes Werk, dem sich 773 Salesianer und 339 Don-Bosco-Schwestern angeschlossen hatten. Der Ruf seiner Heiligkeit verbreitet sich bald in der ganzen Welt, so dass er 1929 selig- und 1934 heiliggesprochen wird. 1989 erklärt ihn Papst Johannes Paul II. zum „Vater und Lehrer der Jugend.“
Wie kann man die Pädagogik Don Boscos kurz beschreiben? Der Passauer Bischof Stefan Oster, selbst Don-Bosco-Salesianer, sprach vor Kurzem davon, dass es sein Ordensvater meisterhaft verstanden habe, jungen Menschen das „Ja Gottes“ zuzusprechen. Von Don Bosco stammt der bekannte Ausspruch, es genüge nicht, die Jugendlichen zu lieben, sondern sie müssten dies auch spüren. Dieser Heilige war jedenfalls mehr als ein Sozialapostel, der Jugendliche unterstützte. Er war Ordensgründer, Baumeister, Mystiker, Seiltänzer und ein großer Visionär, der die Liebe Gottes konkret im Alltag verwirklicht hat. Sein Zeugnis besitzt auch nach 200 Jahren eine starke Leuchtkraft.

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