VISION 20004/2015
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Geführt von der Muttergottes

Artikel drucken Zwei Berufungszeugnisse zum Jahr des geweihten Lebens

Zwei hohe Bergmassive beanspruchen im Rothaargebirge, im heutigen Hochsauerlandkreis, den Ruhm, die höchste Erhebung Westfalens zu sein: Der Kahle Asten mit 841 Meter, von Touristen überlaufen, und der weniger zugängliche Langenberg mit 843 Meter. Am Fuße des letzteren bin ich Ende 1932 geboren, in dem damals  800 Seelen zählenden  Dorf Niedersfeldt, der ersten Ortschaft an der noch jungen Ruhr.
Meine Mutter starb offensichtlich allzu früh. Die damalige Sakristanin Katharina  Trippen wandte ihr mitleidiges Interesse dem damals acht Jahre alten Ministranten zu. Eines Tages drückte sie mir ein Manuskript in die Hand, in das ich mich zu Hause vertiefen sollte: „Die Botschaft der Muttergottes von Fatima“.
Beim Lesen der mir bis dahin noch völlig unbekannten Himmelsbotschaft wurde mir eines vollständig klar: Die Lehre über Gott und den Himmel ist keine von Menschen erfundene fromme Legende! Nein, Gott und die Heiligen leben, genauso wie du und ich, nur auf andere, vollkommenere Weise. Es handelt sich um Wirklichkeiten, um die Wahrheit. Angetrieben von der Fatima-Botschaft, begann ich, täglich ein Gesätz des Rosenkranzes zu beten, was mir anfangs unendlich schwer fiel. Sonst aber änderte sich nichts in meinem Leben.
1945 erkrankte der damalige Pfarrer unserer Gemeinde schwer, schließlich starb er. Es vertrat ihn ein P. Hubert Hitze­grad. Dieser, offensichtlich ein großer Förderer der Botschaft von Fatima, benutzte eine ganze Religionsstunde, uns den Sinn und das Anliegen der Botschafterin des Himmels zu verdeutlichen. Bei mir fielen seine Worte offensichtlich auf fruchtbaren Boden.
Als sich dann später der Zeitpunkt näherte, mich auf das Abitur vorzubereiten und die zukünftige Berufswahl zu treffen war, wandte ich mich an meine Beraterin, die Muttergottes von Fatima. Ich versprach ihr, siebenmal den Rosenkranz betend, den höchsten Berg, den 843 Meter hohen Langenberg zu besteigen. Daran habe ich mich treu gehalten, trotzdem blieb am Ende die Erleuchtung von oben aus. Aber auf Umwegen landete ich schließlich bei den Marianisten, in ihrer deutsch-österreichischen Provinz.
Im Sommer 1954 konnte ich am Katholikentag in Fulda teilnehmen und war auch zugegen, als Anfang September 1954 Deutschland dem unbefleckten Herzen Mariens  geweiht wurde. Und am Tage danach fuhr ich in die Schweiz, um mich auf das Noviziat vorzubereiten, denn das Betreten der russischen Zone in Oberösterreich, wo sich das Noviziat der deutsch-österreichischen Provinz befand, war uns westdeutschen „Kapitalisten“ streng untersagt.
Bis in die fernsten Länder der Erde führte mich später der Ruf von oben. Einmal habe ich dabei den ganzen Globus umrundet, teils mit dem Schiff, teils mit der Eisenbahn, teils per Flugzeug. 16 Jahre lang hielt mich die Heidenmission in Südkorea fest, zehn Jahre gehörten der deutschen Hauptstadt, dem Erzbistum Berlin, fünf Jahre war ich Seelsorger für die koreanischen Gastarbeiter in Deutschland. Und immer zog es mich als Mitglied der deutsch-österreichischen Provinz der Marianisten in die Wiener und Linzer Diözesen.
Gott lebt! Er ist keine tote Erfindung von Menschen, keine bloße Legende! Und ebenso leben die Heiligen im Himmel, an ihrer Spitze die Muttergottes, die ein mitfühlendes Herz für die Nöte der Menschen auf Erden hat. Nichts hat mich diese Tatsache so klar erkennen lassen wie die Worte der 1917 in Fatima erschienenen Rosenkranzkönigin. Durch ihr Kommen in unsere vom Bösen bedrohte Welt hat sie uns den Weg gezeigt, den wir einschlagen sollen. Ihre Worte haben uns Licht gebracht – auch mir!
P. Paul-Heinz Schmidt SM


Gib, Herr, dass auch viele Frauen und junge Mädchen ebenso entschlossen dem Ruf Deiner Liebe folgen …“ (aus einem Gebet des sel. Paul VI.). Jeden Donnerstag beten wir so in der Pfarrei vor dem eucharistischem Herrn, dem ich als Ministrantin ganz nahe sein darf. Ich bin 12 oder 13 Jahre alt und denke heimlich immer wieder: Meinst Du mich? Heute, wenn ich täglich eine Stunde der Anbetung vor dem Herrn halten darf, weiß ich: Du meinst genau mich! Deshalb bin ich dem Ruf Seiner Liebe gefolgt, hinein in die Kongregation der Schulschwestern von Unserer Lieben Frau, hinein in die Brautschaft Christi.
Wie sah der Weg bis zu dieser Entscheidung, die weniger meine als Seine Entscheidung für mich ist, aus? Ernst wurde es, als ein Missionar aus meinem Heimatort bei uns auf Heimaturlaub war. Mit meinen 15 Jahren tief beeindruckt von seiner Hingabe, teilte ich meiner entsetzten Mama mit: Ich gehe in die Mission! Sie war natürlich dagegen. Und ehrlich gesagt, verflachte meine Missionsbegeisterung schnell wieder.
Was blieb, war meine wachsende Liebe zum Herrn, die sich vor allem durch Sakramen­ten­empfang und wöchentliche Anbetung vertiefte. So wuchs in meinem Herzen beständig der Wunsch, mich Gott zu weihen. Die „einzige“ Schwierigkeit für mich war: Wie? Kannte ich doch gar keine Ordensschwestern …
Ein Jahr später führte mich die Muttergottes, deren Namen ich heute trage (Sr. Maria Ancilla – die Magd des Herrn), meinem Ziel näher: Die Wundertätige Medaille an meinem Hals war Anlass für ein intensives Gespräch mit einem Bekannten über das Ordensleben. Ein Flyer führte mich dann zu den Schulschwestern von Unserer Lieben Frau. Die Schwestern in Auerbach waren mir – obwohl ihr Mutterhaus nur 20 km entfernt war – damals kein Begriff. Kurz nach dieser Begebenheit besuchte ich das Mutterhaus der Schulschwestern, recht aufgeregt, aber vor allem mit großer Freude. Und ich wusste sofort: Hier willst Du mich haben!
So war Seine Entscheidung gefallen, über die ich jedoch mit niemandem sprach, vielleicht aus Angst, man könnte meinen, ich sei mit 16 zu jung für das Ordensleben und überhaupt für so eine Entscheidung. Dessen ungeachtet, hielt ich in der Folge weiter Kontakt mit den Schwestern: Nahm an Exerzitien teil, kam zur Anbetung, half in der Küche, feierte sogar Fasching mit den Schwestern. Dabei erlebte ich die Herzlichkeit im Umgang miteinander und spürte: Der eucharistische Herr steht im Mittelpunkt der Gemeinschaft und Maria spielt eine wichtige Rolle im Leben der Schwestern.
Mittlerweile hatte ich das Abitur bestanden. Froh, dass die Schwestern in Eichstätt eine Niederlassung unterhalten, begann ich im Herbst 2012 dort an der Katholischen Universität Theologie und Germanistik zu studieren und wohnte bei den Schwestern. Am Abend beteten wir immer gemeinsam vor dem ausgesetzten Allerheiligsten – für mich die wertvollsten Momente des Tages. Hier war es auch, wo Er mich ständig aufforderte: „Gib mir dein Herz“ (Spr 23,26)!
Im Februar 2013 war es endlich soweit: An einem Muttergottesfest wurde ich in die Kandidatur aufgenommen. Ich war gerade 18. Die innere Freude, die ich an diesem Tag verspürte, sei nicht mehr zu steigern, so glaubte ich, und wurde doch eines Besseren belehrt: Sie wuchs von Tag zu Tag. Am 28. August 2014 wurde ich eingekleidet und trat ins Noviziat ein. Die tiefe Freude und das Glück, die der Herr mir täglich schenkt, lassen sich mit Worten nicht beschreiben. Jeder, der auf der Suche danach ist, lasse sich vom Herrn gesagt sein: „Komm und sieh“ (Joh 1,39)!
S. Maria Ancilla

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